Fahrzeugelektrik Pirna – Erfolg mit sächsischer Identität

André Hahn besuchte am 9. Dezember 2014 die Fahrzeugelektrik Pirna GmbH & Co. KG

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„Heute vor 25 Jahren wurde Gregor Gysi Parteivorsitzender der PDS“, schmunzelt Wolfgang Osterode, einer der drei Geschäftsführer, zu Beginn seiner Ausführungen. Ein Rückblick auf eine bewegte Zeit, denn vor genau 25 Jahren stand das DDR-Unternehmen mit seinen damals 880 Beschäftigten, das sogar schon für VW produzierte, fast vor dem Aus. Weil in der „wirklichen“ Welt der Automobilindustrie für sie, die u.a. Steckverbindungen, Kabelführungen, oder Druck- und Temperatursenoren herstellten, kein Platz mehr sein sollte. „Wie eine heiße Kartoffel wurden wir fallengelassen“, so Geschäftsführer Osterode. Aufbegehren, Kampf, eine Phase des „Gesundschrumpfens“, des marktfähig-Machens folgten. Vom VEB ging es zur Treuhand dann zum Privatinvestor, fünfmal wurde verkauft. Enthusiastische Unternehmer, plus Zufall, plus Glück, bei gleichzeitigem Potential resümiert heute die Geschäftsleitung, warum sie überlebten. Einer wollte sie kaufen, um Konkurrenz aus dem Wege zu räumen. 2003/03 übernahm sich ein Privatinvestor. „Wir hatten eine schlimme Woche“, so der Geschäftsführer.

„Bitte keinen Amerikaner oder einen, der unsere sächsische Kultur zerstört“, hätten sie beim letzten Wiederverkauf gesagt. Es wurde ein Amerikaner, aber einer, der anders sei. Amphenol, der zweitgrößte Steckerhersteller weltweit, hat heute 100 Prozent am Unternehmen. „Wir haben nie unsere sächsische Identität verloren“, umschreibt Geschäftsführer Wolfgang Thonig das Erfolgsrezept und fügt das Know how, Qualität und Liefertreue hinzu. Es stehe FEP drauf, nicht Amphenol. FEP ist heute das größte Kunststoff verarbeitende Unternehmen der neuen Länder und größter Arbeitgeber der Region. 400 Mitarbeiter produzierten 2014 über 1 Miliarde Kunststoffteile und erwirtschafteten 103 Millionen Umsatz. 70 Prozent werden in über 60 Länder exportiert. Sichere Arbeitsplätze, übertarifliche Lohnsteigerungen, Jahresleistungsprämien, sie lägen weit über sächsischen Lohnverhältnissen. Soziale Aspekte, Spendenaktionen spielten in der Unternehmensphilosophie eine große Rolle. Sie haben gebaut, bis kein Platz mehr da war. Im September begingen sie das 65jährige Firmenjubiläum mit einem großen Mitarbeiterfest. Viele Menschen mit Behinderungen arbeiten für die FEP, Inhouse-Fertigung für die AWO. Es sei nicht leicht gewesen, der Belegschaft zu erklären, etwas aufzugeben oder unter günstigeren Verhältnissen weiter zu produzieren.

Was André Hahn aufstößt: Das Unternehmen ist nicht mehr im Arbeitgeberverband, hat keinen Tarifvertrag. Wolfgang Osterode sagt, er sei skeptisch gewesen, als es hieß: Ost-West-Angleichung in 5 Jahren. „Wir waren da ganz weit weg. Die Verhandlungspartner konnten sich auf eine Firma wie die FEP die eigentlich Kunststoffverarbeitung heißen müsste, nicht einstellen“. „Wir wollen die Bedingungen aushandeln“, so Geschäftsführer Wolfgang Thonig. Seit drei Jahren gibt es wieder einen Betriebsrat und auch die Gewerkschaft ist wieder im Haus.

FEP Pirna bildet in acht Ausbildungsberufen ca. 30 Jugendliche aus und erhielt dafür auch schon den Ausbildungs-Oskar.. Mit einem Unterrichtstag in der Produktion für

9. und 10. Klassen will man dem Nachwuchsmangel entgegentreten. 40 Zeitarbeiter hat die FEP in Festeinstellung gebracht. Geschäftsführer Osterode wisse um die Gratwanderung von Leiharbeit und wie ungerecht das sei. Aber sie nutzten das Element zum Schutz der Standorte.

Die Chefs besuchten jeden Tag zwei Schichten und gingen an die Maschinen. „Wir denken, dass die Mitarbeiter schätzen, dass wir mit ihnen aus dem Nichts etwas aufgebaut haben“.

Der anschließende Betriebsrundgang offenbart ein modernes, hochautomatisiertes, offenes Unternehmen. André Hahn begrüßt den AWO-Vertreter und versucht sich selbst an einer Steckerverbindung. Im Versandbereich stapeln sich die Paletten bis unter die Decke. Adressiert sind sie in alle Welt. In einem Werkstattbüro hat ein Mitarbeiter an einer Tafel festgehalten, wie viele Stückzahlen noch fehlen, damit die gemeinsame Zielprämie erreicht wird. Geschäftsführer Osterode freut sich, dass seine Mitarbeiter motiviert sind. Für ihn gebe es einen Ehrenkodex: „Alles aus Sachsen!“

Text: Anja Oehm

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