Hahn verlangt von Tillich vor erneuter Vereidigung Erklärung zu seinem höchstrichterlich festgestellten Verfassungsverstoß

Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Dr. André Hahn, hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in einem Offenen Brief aufgefordert, zu seinem vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof festgestellten Verfassungsverstoß als damaliger Finanzminister im Zusammenhang mit dem Verkauf der Sachsen LB heute vor dem Landtag Stellung zu nehmen (Dokumentation des Schreibens siehe unten). Hahn erklärt dazu:

Wer seinen Amtseid, Verfassung und Recht zu wahren, so verletzt, wie das Herr Tillich getan hat, steht in der Pflicht, vor seiner für heute geplanten erneuten Vereidigung als Ministerpräsident klar zu stellen, dass er künftig verfassungsgemäß handeln wird. Vereidigungen sind keine Parlamentsfolklore, sondern eine bindende Verpflichtung für den Amtsträger. Die Antwort des Finanzministers Prof. Unland auf unseren Antrag 4/15921 in dieser Sache („Bekenntnis der Mitglieder der Staatsregierung zur uneingeschränkten Wahrung des Budgetrechts des Parlaments“), die gestern bei uns eingegangen ist, vermag uns nicht zu überzeugen. Mit einer lapidaren Feststellung „Die durch den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen festgestellten Verfassungsverstöße können nicht geheilt werden“ kann der Bruch des Amtseids bei einer Transaktion, die letztlich den sächsischen Steuerzahlern einen Milliarden-Schaden hinterlässt, nicht abgetan werden.

Offener Brief

Betr.: Stellungnahme des Staatsministers der Finanzen, Prof. Dr. Georg Unland, zum Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Bekenntnis der Mitglieder der Staatsregierung zur uneingeschränkten Wahrung des Budgetrechts des Parlaments“ (Drs 4/ 15921) vom 25. September 2009

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

mit Unverständnis hat die Fraktion DIE LINKE zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie als Mi-nisterpräsident des Freistaates Sachsen zu dem von unserer Fraktion am 3. September 2009 in den Sächsischen Landtag eingebrachten o.g. parlamentarischen Antrag, der der Staatsregie-rung Übermittelt worden ist, bis zum heutigen Tag keine Stellungnahme abgegeben haben.

Angesichts der mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen vom 28. August 2009 im zugrundeliegenden Organstreitverfahren festgestellten Verletzung der verfas-sungsmäßigen Rechte des Sächsischen Landtages aus Artikel 95 SächsVerf durch die von Ihnen als damaligen Staatsminister der Finanzen am 28. Dezember 2007 sowie am 15. Februar 2008 abgegebene Übernahme der Garantie Über eine Gesamtsumme von 2,75 Mrd. Euro bei der Veräußerung der Anteile an der Landesbank Sachsen AG haben die Mitglieder des Landtages der 5. Legislaturperiode einen Anspruch auf eine persönliche Erklärung zu Ihrem Versagen im Umgang mit dem Budgetrecht des Parlaments.

Die nunmehr vorliegende Reaktion des Staatsministers der Finanzen erfüllt diesen berechtigten Anspruch weder in personeller noch in inhaltlicher Hinsicht und lässt zudem den gebotenen Respekt der Staatsregierung gegenüber den Mitgliedern des Landtages vermissen, die zumindest eine öffentliche Entschuldigung durch Sie persönlich erwarten dürfen.

Der von Ihnen bei Ihrem zunächst als Staatsminister der Finanzen und dann auch als Ministerpräsident nach Artikel 61 SächsVerf vor dem Landtag geleistete Eid

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohl des Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, Verfassung und Recht wahren und verteidigen, meinen Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen üben werde.“

nimmt Sie unserer Auffassung nach ganz selbstverständlich in die Pflicht, dem Parlament vor der erneuten Leistung der Eidesformel im Zusammenhang mit der von Ihnen angestrebten Übernahme des Amtes des Ministerpräsidenten, eindeutig klarzustellen und zu versichern, das sich ein derartiger Verfassungsbruch in der nunmehr 5. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages nicht wiederholen wird.

In Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden Konstituierung des 5. Sächsischen Landtages, in dessen Budgetrecht Ihre vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig festgestellte Ent-scheidung eingegriffen hat, erneuern wir unser Verlangen an Sie, aus diesem Anlass dem Parlament im Sinne von Punkt II.2. des o.g. Antrags zu versichern, dass dem Sächsischen Landtag nunmehr unverzüglich ein den verfassungsgerichtlichen Vorgaben entsprechender Nachtragshaushalt vorgelegt wird.
Das heilt zwar nicht den von Ihnen zu verantwortenden Verfassungsverstoß als solchen und räumt diesen auch nicht aus, es wäre jedoch ein Signal für einen künftig respektvolleren Umgang mit dem Parlament durch Sie und die von Ihnen geführte Staatsregierung.

In der Erwartung, dass Sie sich als künftiger Ministerpräsident zu diesem Schritt schnellstmöglich bereit finden, verzichten wir zunächst auf die förmliche Einbringung des besagten Antrages im Rahmen der Konstituierenden Sitzung des 5. Sächsischen Landtages, werden die Angelegenheit jedoch in Kürze wieder aufgreifen, wenn es Ihrerseits keine angemessene Reaktion geben sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. André Hahn
Fraktionsvorsitzender