André Hahn zum Bericht des PKGr zu rechtsextremistischen Netzwerken in der Bundeswehr

André Hahn zum Bericht des PKGr zu rechtsextremistischen Netzwerken in der Bundeswehr

Linke kritisiert fragwürdigen Korpsgeist

André Hahn (Die Linke) beklagte, dass der MAD über Jahre schlecht aufgestellt gewesen sei und das Problem des Rechtsextremismus geleugnet habe. Er sprach von fragwürdigem Korpsgeist nach der Devise: Soldaten befragen Soldaten.

Speziell hielt er dem früheren Präsidenten des BfV, Dr. Hans-Georg Maaßen, vor, die schützende Hand über den Rechtsextremismus gehalten zu haben. Das habe sich jetzt geändert.


Kurzstatement vom Bundestagsabgeordneten Dr. André Hahn, stellv. Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und Mitglied des PKGr, auf der Pressekonferenz des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) am 11.12.2020 im Bundestag
zum-PKGr-Bericht „Erkenntnisse, Beiträge und Maßnahmen von Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst, Bundesamt für Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst zur Aufklärung möglicher rechtsextremistischer Netzwerke mit Bezügen zur Bundeswehr“, Drucksache 19/25180

Ich habe den vorliegenden Bericht mitgetragen, auch weil dadurch eine öffentliche Bewertung der rechtsextremen Vorfälle in der Bundeswehr und das Agieren oder auch Nichtagieren der Dienste, hier insbesondere von MAD und Verfassungsschutz möglich wird.

Ich teile nicht jedes einzelne Wort in diesem Papier – ich halte bekanntlich nichts vom Ruf nach immer mehr Personal und mehr Kompetenzen für die Geheimdienste -, aber die grundsätzlichen Feststellungen und Kritikpunkte unterstütze ich ganz ausdrücklich.

Dennoch bedauere ich, dass Sie als Medienvertreter aus rechtlichen Hinderungsgründen nicht den gesamten, geheim eingestuften vorläufigen Abschlussbericht lesen können, denn dieser ist deutlich umfangreicher, detaillierter und damit natürlich auch informativer.

Aber auch aus der Kurzfassung ist ganz klar erkennbar: Der Militärische Abschirmdienst war über Jahre hinweg sehr schlecht aufgestellt. Es wurde zunächst schlichtweg verdrängt und geleugnet, dass es überhaupt ein rechtsextremes oder rechtsextremistisches Problem in der Bundeswehr gibt.
Ich habe nie verstanden, wieso man beim MAD lange, viel zu lange, die Auffassung vertreten hat, das Hitlergrüße oder das Grölen von Nazi-Liedern nicht ausreichen, um jemanden aus der Bundeswehr zu entfernen. Noch in der vorletzten Präsidentenanhörung des PKGr hat MAD-Präsident Gramm dies verteidigt und darauf verwiesen, man müsse erst eine gefestigte rechtsextremistische Einstellung beweisen können.

Bis vor gar nicht langer Zeit gab es beim MAD zudem nur die Überprüfung von Einzelpersonen, aber keinerlei Strukturaufklärungen oder die Suche nach Netzwerken, selbst wenn mehrere Soldaten, bei denen es deutliche Hinweise auf Rechtsextremismus gab, aus einer Kaserne kamen.

Es fehlte beim MAD nicht nur der Blick für Netzwerke, sondern es gab aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen hier, aber auch beim Verfassungsschutz eine beharrliche Weigerung, dubiose Vereine wie Uniter ins Überwachungs-Visier zu nehmen.
Hinzu kam ein fragwürdiger Korpsgeist: Der beim MAD offenbar als Vorzug betrachtete Slogan „Soldaten befragen Kameraden“ wurde immer mehr zu einem Problem. Relevante rechtsextreme Vorfälle wurden vertuscht und den Delinquenten sogar noch Brücken für Ausreden gebaut. Leider darf ich hier nicht näher ins Detail gehen.

Beim Verfassungsschutz hielt der damalige Präsident Maaßen nicht nur die schützende Hand über der AfD, sondern weigerte sich auch beharrlich, den Rechtsextremismus als die größte Gefahr für unser demokratisches Gemeinwesens einzustufen. Das ist unter seinem Nachfolger inzwischen korrigiert worden.

Kein Zweifel: Es hat in den zurückliegenden zwei Jahren, nicht zuletzt unter dem Druck der PKGr-Ermittlungen, eine Reihe von positiven Entwicklungen gegeben. Im Verteidigungsministerium und beim MAD ist das Problembewusstsein gewachsen, es wird nicht mehr nur von bedauerlichen Einzelfällen geredet, Netzwerkstrukturen werden nicht länger bestritten, die Sensibilität gegenüber rechtsextremistischen Elitesoldaten mit Zugang zu und privatem Besitz von Waffen ist gewachsen. Uniter e.V., inzwischen in der Schweiz ansässig, ist nun endlich offiziell Prüffall des Verfassungsschutzes.
Und auch die Kriterien für eine Entfernung aus dem Dienst sind verschärft worden. Jetzt geht es nicht mehr allein um gefestigte rechtsextremistische Positionen, sondern auch um fehlende Verfassungstreue. Der Anteil der zivilen Mitarbeiter bei MAD wurde deutlich erhöht und es gab auch personelle Veränderungen an der Spitze.
Das alles ist auch mit ein Ergebnis der Tätigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums!
Lassen Sie mich abschließend noch eine persönliche Anmerkung zur Arbeit dieses Gremiums machen. Ich bin ja dort nach sieben Jahren inzwischen das dienstälteste Mitglied.

Die deutlich angewachsene Mitarbeiterzahl beim Ständigen Bevollmächtigten ist eine wirklich wichtige und wirksame Unterstützung, wie sich auch bei jenen Kontrollauftrag gezeigt hat, über dessen Ergebnisse wir hier heute sprechen.
Für Abgeordnete, die in der Regel neben der Geheimdienstkontrolle noch viele andere Aufgaben haben, ist es einfach nicht möglich, 50.000 oder 60.000 Seiten an Aktenbeständen allein durchzuarbeiten, wie im vorliegenden Fall, und es gibt ja auch im Gremium viele weitere Vorgängen und Themen, mit denen wir uns befassen müssen.
Positiv will ich anmerken: Die übliche Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition ist derzeit nicht dominierend im PKGr, was ich als sehr angenehm empfinde. Die Vertreter der Koalition verteidigen nicht immer pauschal alles, was die Regierung macht oder vorträgt, sondern nehmen ihre Kontrollfunktion auch mit kritischen Fragestellungen durchaus wahr. Dies zeigt auch der vorliegende Bericht.

Ich hoffe, dass das auch im kommenden Wahljahr so bleibt.