Vorbereitung auf die Fußball-EM 2024 zeigt: Bundesregierung setzt falsche Prioritäten
„Fußball ist in Deutschland und auch weltweit die Nummer EINS im Sport, und die Bundesregierung tut alles, damit es so bleibt und der Abstand zu anderen Sportarten leider immer größer wird. Dabei geht es vor allem um das Milliardengeschäft im Profifußball und nicht um die zig-tausenden Fußballerinnen und Fußballer im Amateurbereich. Dies wurde unlängst in der Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Anfrage zum Besuch von Sportveranstaltungen durch Regierungsmitglieder und wird auch bei der aktuellen Beantwortung meiner Kleinen Anfrage der LINKEN „Aktivitäten des Bundes für die Fußball-Europameisterschaft 2024″ (Drucksache 20/3057) deutlich“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Dr. André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.
Hahn weiter: „Die Nichtbeantwortung bzw. die ausweichenden und unvollständigen Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMI, Mahmut Özdemir (SPD) lassen befürchten, dass die Bundesregierung aus den Skandalen rund um die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland wenig bis nichts nichts gelernt hat. Die fehlende Transparenz, wenn es um den Einsatz von Steuergeldern geht, spricht für sich. Bis auf die rund 1,9 Mio. Euro, die für den Bereich Sicherheit zur Verfügung gestellt werden sollen, verweigert die Bundesregierung jegliche Auskünfte über Mittel des Bundes für die hierzulande stattfindende Fußball-EM 2024, und hinsichtlich der gewährten, oft millionenschweren Steuererleichterungen für die Veranstalter versteckt sie sich hinter dem Steuergeheimnis (siehe Antworten auf die Fragen 2, 4 und 5). Angeblich gibt es auch keine Verträge der Bundesregierung mit der UEFA, dem DFB oder der EURO 2024 GmbH. Ein Blick in den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2023 zeigt jedoch, dass durchaus schon Mittel eingeplant sind, u.a. im Bundesinnenministerium 3 Mio. € für nicht näher erläuterte „Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausrichtung der Fußball EM 2024“ sowie 9,16 Mio. € als Bundeszuschuss an die Stiftung Fußball & Kultur EURO 2024 gGmbH (eine 100%ige Tochter der Kulturstiftung des DFB), aus dem Bundesumweltministerium 84.000 € für eine Machbarkeitsstudie und 2,075 Mio. € für Maßnahmen des Umwelt- und Klimaschutzes im Zusammenhang mit der EM sowie 371.000 € für ein Einzelprojekt aus dem Bundesministerium für Bildung & Forschung. Zu vermuten bleibt, dass es noch weitere im Haushalt versteckte Gelder gibt, und völlig offen bleibt, was im Jahr der EM in 2024 noch aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden soll.
Völlig unverständlich bleibt für mich, dass die Bundesregierung für die Fußball- Europameisterschaft einen riesigen Nationalen Koordinierungsausschusses bildet, andererseits für die aktuell brennenden Fragen des organisierten Sports, zum Beispiel in der derzeitigen Energiekrise, keine Zeit hat. Hier stimmen die gesetzten Prioritäten definitiv nicht!
Sehr vage sind auch die Antworten zum Thema Nachhaltigkeit und bemerkenswert die Unkenntnis über selbst in Medien nachlesbare Probleme der Ausrichterstädte bei der Erfüllung von Forderungen bzw. Auflagen der UEFA (Frage 15 und 16). Obwohl neben dem Thema Umwelt das Thema Vielfalt und Inklusion ganz oben in der sogenannten ESR-Strategie steht, sind die Informationen zu Fragen der Barrierefreiheit noch nicht wirklich zufriedenstellend. Nur eines von den 10 Fußballstadien ist durch das Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ zertifiziert, ähnlich gering die touristischen Einrichtungen in den zehn Städten. In keinem Stadion erfüllt die Anzahl der geplanten Rollstuhlplätze die in der Muster-Versammlungsstättenverordnung (§ 10) geforderten mindestens ein Prozent der Besucherplätze, und auch die nach § 13 geforderte Zahl an Stellplätzen für Kraftfahrzeuge behinderter Personen ist noch nicht überall erfüllt.
Ich erwarte, dass die Bundesregierung in den anstehenden Haushaltsberatungen sowie in der Sitzung des Sportausschusses am 19. Oktober, wenn das Thema Fußball auf der Tagesordnung steht, die offenen Fragen umfassend beantworten kann.“