Sportpolitik des Bundes vom Kopf auf die Füße zu stellen

André Hahn: Sport braucht einen anderen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Und deshalb wollen wir am 13. Dezember einen wirklichen Bewegungsgipfel statt einen Bewegungszipfel mit viel Symbolik und ohne Bundeskanzler.


Auszug aus dem Plenarprotokoll 20/73 vom 1.12.22

Tagesordnungspunkt 12 a und 12 b:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Sport als Prävention – Mehr Bewegung für ein gesünderes Leben
Drucksache 20/4666

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sportausschusses (5. Ausschuss)
zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Energiekrise – Der Sport darf nicht allein gelassen werden
Drucksachen 20/4317, 20/4695

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Dr. André
Hahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Respekt,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Gleich
zwei Anträge zur Sportpolitik legen Sie für die heutige
39-minütige Debatte im Plenum vor.

(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: So
gut sind wir!)

Ihre Anträge strahlen in der Tat den Geist einer Oppositionsfraktion aus. Sie reflektieren kritisch die Verhältnisse der vergangenen Jahre.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)

Sie beleuchten das schwache Agieren der Ampelkoalition und legen den Finger in real vorhandene Wunden. Sie machen sogar konstruktive Vorschläge für eine wirksamere Sportpolitik des Bundes. In Ihrem ersten Antrag fordern CDU und CSU in zwölf Punkten, den organisierten Sport im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in der Energiekrise zu unterstützen, die Schließung von Sportstätten möglichst zu vermeiden und die energetische Sanierung von Sportstätten voranzutreiben. Diese Forderungen unterstützt Die Linke. Deshalb werden wir dem Antrag auch zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mehrfach hatten wir bereits zuvor angesichts der dramatisch gestiegenen Energiepreise kurzfristige Hilfen von Bund und Ländern für den organisierten Sport gefordert. Dabei geht es um kommunale ebenso wie vereinseigene Sportstätten. Letztere werden meist in den
Förderprogrammen ausgeklammert. Auch konkrete Vorschläge zur energetischen Sanierung von Sportstätten und Schwimmbädern hat Die Linke bereits in den vergangenen Wahlperioden vorgelegt. Leider wurden sie alle von
der damaligen Koalition aus CDU/CSU und SPD abgelehnt. Von der Energiekrise betroffen ist aber auch der Sport in Kitas, Schulen, in anderen Bildungseinrichtungen, der
Gesundheits- und Rehasport, Sportangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen sowie Sport in kommerziell betriebenen Einrichtungen, zum Beispiel in Fitnessstudios. Diese Aspekte kommen im vorliegenden Antrag leider zu kurz. Auch hier sollte der Bund helfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit großem Interesse habe ich auch den Unionsantrag „Sport als Prävention“ zur Kenntnis genommen. Mit den 17 Punkten, die ich größtenteils unterstütze, haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, eine 180-Grad-Wende gegenüber der Seehofer’schen Sportpolitik
vollzogen.

(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das stimmt jetzt mal ausnahmsweise nicht!)

Chapeau! Sport braucht in der Tat einen anderen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Deshalb brauchen wir jetzt einen wirklichen Bewegungsgipfel. Ich befürchte allerdings,
dass die Veranstaltung am 13. Dezember eher ein Bewegungszipfel mit viel Symbolik wird, weswegen auch Bundeskanzler Scholz gar nicht erst beabsichtigt, an dieser eigentlich wichtigen und überfälligen Veranstaltung teilzunehmen. Für die Autolobby hat er immer Zeit. Angesichts der Bedeutung des Sports ist sein Fehlen aus
Sicht der Linken völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN – Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Da müsste er sich bewegen!)

Ich würde es begrüßen, wenn als Ergebnis des Treffens, das übrigens ohne die Mitglieder des Sportausschusses stattfinden soll, Bund, Länder, alle Fraktionen und der organisierte Sport dafür votieren, dass der Sport so bald wie möglich als Staatsziel in Artikel 20a des Grundgesetzes verankert wird.
Nicht zuletzt braucht der Sport auch einen anderen Platz in der Bundesregierung, nicht weiter im Bundesinnenministerium, sondern wie die Kultur im Kanzleramt
mit einer eigenen Staatsministerin bzw. einem Staatsminister oder Staatssekretärin bzw. Staatssekretär oder aber in einem eigenen Ministerium. Das würde der Bedeutung des Sports gerecht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. André Hahn (DIE LINKE):
Letzter Satz, Frau Präsidentin. – Wir brauchen natürlich ein Sportfördergesetz, aber nicht nur für den Spitzensport, sondern auch für den Breitensport in unserem Land.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)