Haushalt des Bundesinnenministeriums wird Herausforderungen nicht gerecht

Corona-Pandemie, Russlands Krieg gegen die Ukraine, Klimawandel und Energiekrise – all das hat auch Folgen für die Zuständigkeiten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Der vorliegende Haushaltsentwurf wird der sich daraus ergebenden Verantwortung nicht in allen Bereichen gerecht. Das beginnt beim Schutz der Bevölkerung vor Katastrophen und geht hin bis zum Sport.


Auszug aus dem Plenarprotokoll 20/52 vom 9.9.2022

Tagesordnungspunkt 1:

  1. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines

Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2023 (Haushalts- gesetz 2023)

Drucksache 20/3100

Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss
  1. Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung

Finanzplan des Bundes 2022 bis 2026

Drucksache 20/3101

Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die Fraktion Die Linke Dr. André Hahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Coronapandemie, Russlands Krieg gegen die Ukraine, Klimawandel und Energiekrise – all das hat auch Folgen für die Zuständigkeiten des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat sowie für den Sport, auch wenn „Sport“ leider immer noch nicht im Namen des Ministeriums enthalten ist.

Der vorliegende Haushaltsentwurf wird der sich daraus ergebenden Verantwortung aus meiner Sicht leider nicht in allen Bereichen gerecht. Das beginnt beim Schutz der Bevölkerung vor zivilen Katastrophen und geht weiter bis zum Sport. Frau Ministerin, ich kann Ihre Begeisterung für unsere Fußballnationalmannschaft der Frauen durchaus verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber muss man deshalb gleich dreimal binnen weniger Tage auf Kosten der Steuerzahler zu Spielen unseres Teams während der Europameisterschaft nach London fliegen? Müssen wir, und hier meine ich den Bund, das Land Bayern und die Stadt München, die vor wenigen Tagen stattgefundenen und durchaus beeindruckenden European Championships mit rund 100 Millionen Euro unterstützen? Und muss der Bund die Fußballeuropameisterschaft 2024 der UEFA mit einem zweistelligen Millionenbetrag fördern?

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Das alles wird die Zustimmung der Bevölkerung für weitere Olympiabewerbungen in Deutschland kaum befördern. Das gilt im Übrigen auch für das Militärsportfest Invictus Games, für die im Verteidigungshaushalt 35 Millionen Euro eingeplant sind. Gleichzeitig – und darauf kommt es an, Frau Ministerin – warten die 90 000 Sportvereine, die für den Schulsport und Schwimmunterricht Verantwortlichen, die Betreiber von Fitnessstudios oder Gesundheitssportseinrichtungen bislang vergeblich auf jede Unterstützung, die zwingend erforderlich ist, damit angesichts der Energieknappheit und der schon jetzt spürbaren Preissteigerungen nicht wieder Schwimmbäder und Sportstätten geschlossen werden wie schon in der Coronapandemie. Fakt ist: In den drei Entlastungspäckchen der Bundesregierung kommt der Sport wieder einmal nicht vor. Wo waren Sie eigentlich in diesen Verhandlungen, Frau Ministerin Faeser?

(Beifall bei der LINKEN)

Die vor sechs Jahren von der Bundesregierung und dem DOSB beschlossene Spitzensportreform erweist sich zunehmend als gescheitert. Statt endlich dem Sanierungsstau bei den Sportstätten und Schwimmbädern mit einem überfälligen vierten Goldenen Plan Sport zu begegnen, wollen Sie die schon jetzt viel zu mickrigen Förderprogramme des Bundes 2023 abfinanzieren, sprich: zukünftig kürzen. Dafür sind Sie, Frau Faeser, gemeinsam mit der Bundesbauministerin verantwortlich. Für Die Linke ist das der eindeutig falsche Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu kritisieren sind zudem weitere Kürzungen im Innenministerium. Bei uns leben aktuell circa 3 Millionen Geflüchtete – darunter auch Geflüchtete aus der Ukraine –, und dennoch sollen bei den Integrationskursen 71 Millionen Euro eingespart und bei der Migrationsberatung 16 Millionen Euro abgezogen werden. Das Bundesaufnahmeprogramm für aus politischen Gründen Verfolgte oder auch ehemalige Ortskräfte aus Afghanistan steht in den Sternen und ist nicht ausfinanziert.

(Beifall bei der LINKEN)

„Der Schutz unserer Bevölkerung bekommt nun endlich die Priorität, die er schon längst hätte haben müssen.“
Das waren Ihre großen Worte, Frau Faeser, als Sie zum Jahrestag der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli von einem Neustart sprachen. Im Haushaltsentwurf ist davon nicht viel zu sehen. Ganz im Gegenteil: Sie ziehen Gelder beim Technischen Hilfswerk und beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ab, statt den Etat aufzustocken. Vor allem bei den ehrenamtlich Tätigen setzen Sie den Rotstift an. Das ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn hierzulande gerade Waldbrände zum Teil wochenlang wüten, auch bei mir im Nationalpark Sächsische Schweiz, kürzen Sie ausgerechnet Gelder bei den wasserwirtschaftlichen Vorsorgemaßnahmen, bei denen es auch um Löschwasser geht. Das ist absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Feuerwehren und die weiteren Einsatzkräfte verdienen unser aller Dank, aber eben auch unsere Unterstützung. Die Realität sieht leider anders aus: Löschhubschrauber fehlen, Löschflugzeuge wollen Sie gar nicht beschaffen. 100 Milliarden Euro für die Rüstung machen Sie dagegen binnen weniger Wochen locker. Diese Politik geht in die absolut falsche Richtung.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen nicht nur immer mehr Personal beim Verfassungsschutz, sondern vor allem beim Bundeskrimi- nalamt und der Bundespolizei, obwohl dort sage und schreibe derzeit fast 10 000 Stellen unbesetzt sind. Sie wollen immer noch mehr Stellen, die Sie aber gar nicht besetzen können. Auch das können wir nicht unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend noch einen Satz zum öffentlichen Dienst. Zigtausend Beschäftigte in den unteren und mittleren Gehaltsgruppen spüren schon jetzt die Auswirkungen der Preisentwicklungen. Der aktuelle Tarifvertrag endet dieses Jahr am 31. Dezember. In Ihrem Haushalt gibt es keine Vorsorge für die absehbaren Tariferhöhungen, die wir unterstützen. Auch das wäre Ihre Verantwortung gewesen, dort entsprechend Geld einzustellen.

Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)