Neonazi-Randale: Täter sind Einheimische
Eine Party eskalierte am Himmelfahrtstag in Königstein. Es gab 30 Festnahmen. Politiker André Hahn verurteilt den Vorfall scharf. Ein anderer ist ungewohnt leise.
Nachdem eine Gruppe Rechtsextremer mehrere Polizisten in der Sächsischen Schweiz bei einem Einsatz angegriffen hatte, konnten insgesamt 30 Tatverdächtige vorläufig festgenommen werden. Das bestätigt die Polizei auf Nachfrage von Sächsische.de. Der Vorfall ereignete sich am Himmelfahrtstag in Pfaffendorf, einem Ortsteil von Königstein. Wegen Ruhestörung waren die Einsatzkräfte am Abend zu einer Grillparty auf ein Privatgrundstück gerufen worden. Dort wurden sie unvermittelt von mindestens 20 Personen attackiert.
Schon bei den Skinheads Sächsische Schweiz mitgemacht
„Die Festgenommenen stammen zum Großteil aus der Sächsischen Schweiz“, sagt Stefan Grohme, Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Ein Teil von ihnen sei bereits in der Vergangenheit mit rechtsmotivierten Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten. Um welche Straftaten es sich konkret handelt, dazu will die Polizei im Moment keine Angaben machen. Laut Grohme würden sie sich jedoch in erster Linie auf die Mitgliedschaft in der verbotenen Gruppierung „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) beziehen. Die frühere Neonazi-Gruppe war ab 1994 in der Region um Pirna und Königstein aktiv. 2001 wurde die SSS schließlich vom sächsischen Innenministerium verboten.
Das Dezernat Staatsschutz der Polizeidirektion Dresden wird die weiteren Ermittlungen übernehmen. Die 30 festgenommenen Personen müssen sich unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Beamte, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Sachbeschädigung, Bedrohung sowie Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz verantworten. Denn bei der Durchsuchung des Grundstückes in Pfaffendorf, auf dem die private Feier stattfand, wurden auch Waffen und Drogen gefunden.
„Rechtsextremisten zu lange verharmlost“
Die rechtsextremen Randale und der Angriff auf Polizisten haben überregional für Schlagzeilen gesorgt. „Eine größere Negativwerbung für unseren Landkreis kann man sich kaum vorstellen“, sagt André Hahn, Bundestagsabgeordneter der Linken, der im Nachbarort Gohrisch lebt. Er sei von seinen Kollegen in Berlin vielfach gefragt worden, was denn mal wieder in der Sächsischen Schweiz passiert sei. „Gerade nach den Einnahmeausfällen im Hotel- und Gastronomiebereich wegen der Corona-Beschränkungen, brauchen wir bei uns viele Gäste, die in eine weltoffene und friedvolle Region kommen wollen“, sagt Hahn. Derartige Vorfälle wie in Pfaffendorf seien absolut kontraproduktiv.
Hahn ist nach eigenen Worten geschockt über die massiven rechtextremistischen Ausschreitungen und die tätlichen Angriffe auf die Polizei. „Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung“, sagt er. Der Vorfall zeige zudem, dass es im Landkreis in den letzten Jahren trotz vielfältiger Bemühungen nicht gelungen sei, rechtsextremistische und neofaschistische Strukturen nachhaltig zurückzudrängen und aufzulösen. „Gefährdungen durch Rechtsextremisten wurden lange, zu lange verharmlost“, meint er. Debatten darüber seien gescheut worden, weil man den Tourismus nicht gefährden wollte.
Tourismuschef ungewohnt zurückhaltend
Ob die rechtsextremen Randale der Tourismusregion schaden? Im Gegensatz zu André Hahn hält sich Ivo Teichmann, Vorsitzender des Tourismusvereins Elbsandsteingebirge, mit einer Bewertung der Vorkommnisse zurück. Teichmann, der selbst in Pfaffendorf lebt und für die AfD im Sächsischen Landtag sitzt, will erst den Abschluss der Ermittlungen abwarten, wie er gegenüber Sächsische.de begründet. „Eine abschließende, sachgerechte Bewertung kann erst dann erfolgen“, teilt er mit. Zudem sei er selbst nicht vor Ort gewesen, sondern mit dem Rad in der Lausitz unterwegs. Deshalb könne er wenig dazu sagen.
Für Teichmann, der als Vielredner bekannt ist, ein ungewöhnlich knappes Statement. Im Wahlkampf um einen Sitz im Landtag trat der AfD-Mann mit dem Versprechen an, die Tourismusbranche fördern zu wollen. Auch das Thema Sicherheit spiele für ihn eine wichtige Rolle. Mehr Sicherheit gewährleisten, lautete sein Credo.
Im aktuellen Fall Pfaffendorf will sich Ivo Teichmann derzeit nicht positionieren. Nicht nur er, sondern alle sollten den Abschluss der Ermittlungen abwarten, meint er. Auch weil laut Teichmann teils widersprüchliche Angaben zu dem Vorfall existieren würden. Was er damit genau meint, lässt er auf Nachfrage jedoch unbeantwortet.
Quelle: Sächsische Zeitung, Katarina Gust