MAD-Präsident ist billiges Bauernopfer für verfehlte Politik im Verteidigungsministerium
„Die Entlassung von MAD-Präsident Gramm durch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer war nach diversen Pannen und Fehleinschätzungen des Militärischen Abschirmdienstes beim Aufdecken zunehmender rechtsextremistischer Entwicklungen der Bundeswehr in den zurückliegenden Jahren letztlich wohl unvermeidlich, der Zeitpunkt allerdings überrascht“, erklärt André Hahn, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste. Hahn weiter:
„Herr Gramm fungiert zugleich als billiges Bauernopfer, denn seine Entlassung ist ein offenkundiges Manöver, um von eigenem Versagen des Verteidigungsministeriums bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in Teilen der Bundeswehr und insbesondere im Kommando Spezialkräfte (KSK) abzulenken. Viel zu lange wurden rechtsextremistische Vorfälle in der Bundeswehr geduldet oder verharmlost. Das Zeigen des Hitlergrußes oder das Grölen von Nazi-Liedern reichte angeblich nicht aus, um die betreffenden Soldaten aus der Truppe zu entfernen. Immer und immer wieder war von Einzelfällen die Rede, offenkundig existierende rechte Netzwerke wurden geleugnet oder ignoriert. Angesichts dessen hätte es schon viel früher personelle Konsequenzen im Verteidigungsministerium sowie dem MAD geben müssen.
Ein ungesundes Eliteverständnis, toxische Führungsstrukturen, Abschottung von der Umwelt, Verselbständigung innerhalb der Bundeswehr, ein laxer Umgang mit Munition, eine Mauer des Schweigens, Erziehung zu Kadavergehorsam – um nur einige Begriffe aufzugreifen, die jüngst im Bericht der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte des Ministeriums oder auch in einem Brief eines KSK-Hauptmannes als ursächlich für verfestigte rechtsextremistische Einstellungen in diesem Truppenteil benannt wurden – können nicht durch einen Militärgeheimdienst überwunden werden. Ähnlich wie Innenminister Seehofer bei der Polizei fehlt es Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer an der Einsicht und Durchsetzungsfähigkeit, um Rechtsextremisten in der Bundeswehr offen und konsequent zu bekämpfen und die institutionellen Gefüge aus Korpsgeist und unbedingtem Gehorsam endlich zugunsten demokratischer Strukturen aufzulösen.
Der Wechsel an der Spitze des MAD ist nachvollziehbar, der Zeitpunkt überrascht aus zweierlei Gründen. Zum einen hat der MAD bei der Aufdeckung rechtsextremer Strukturen gerade in den letzten Wochen einige Erfolge erzielt, und es darf natürlich nicht der Eindruck entstehen, dass Präsident Gramm nun als Dank dafür in den Ruhestand geschickt wird. Und zum anderen war das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages erst am Mittwoch zu einem Vor-Ort-Termin beim MAD in Köln und hat u.a. mit Präsident Gramm die Aufgaben für die kommenden Monate bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Bundeswehr diskutiert. Dabei gab es bei Anwesenheit von Ministeriumsvertretern nicht das kleinste Anzeichen für einen bevorstehenden Personalwechsel an der Spitze des Dienstes. Die für die Geheimdienstkontrolle zuständigen Abgeordneten erfuhren von der Entlassung Gramms am Donnerstag auf der Rückreise aus Köln über die Medien. Das ist erneut ein völlig inakzeptabler Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament.“