LINKE stimmt gegen Zensusvorbereitungsgesetz im Omnibusverfahren

Im Eiltempo beriet der Bundestag die Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 und zwei weitere Gesetze, welche die Koalition im Omnibusverfahren hinzufügte. Trotz Zustimmung zur Änderung des Dopingopfer-Hilfegesetzes stimmt DIE LINKE aus inhaltlichen Gründen und wegen dem Verfahren gegen das Omnibus-Gesetz.


Rede im Bundestag am 18. Oktober 2018, TOP 24 (zu Protokoll)

„Entwurf zur Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021“

(Anrede)

Wie die gestrige Beratung im Innenausschuss gezeigt hat, ist der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 sehr umstritten. Alle Oppositionsfraktionen haben mit „Nein“ votiert, also auch DIE LINKE.

Am 27. September berieten wir hier in erster Lesung den Entwurf. Abgesehen von den inhaltlichen Kritikpunkten wurde dieser Gesetzentwurf wenige Tage später zu allem Überfluss noch zu einem so genannten Omnibus umfunktioniert, weil ihm durch Änderungsanträge der Koalition zwei weitere Gesetze, sogenannte Passagiere, hinzugefügt wurden, die mit dem eigentlichen Gesetz überhaupt nichts zu tun haben. Ein derartiges Verfahren hat mindestens zwei gravierende Mängel. Zum einem erfolgt dadurch keine angemessene parlamentarische Beratung der einzelnen Gesetze, und zum anderen werden sie dann im Bundesgesetzblatt als Artikelgesetze verkündet, die für die Anwender, für die Bürgerinnen und Bürger kaum mehr verständlich sind.

Erst vor zwei Tagen hatten wir ein erweitertes Berichterstatter-Gespräch, in dem viele Details des Gesetzentwurfes noch einmal debattiert und auch einige offenen Fragen beantwortet werden konnten. Andere Punkte blieben jedoch weiter ungeklärt, so zum Beispiel, ob eine Nutzung von Echtdaten für einen Testlauf rechtlich überhaupt zulässig ist, ob der Schutz der erhobenen Daten wirklich gesichert werden kann, welche Löschfristen gelten und warum im Zuge der Auswertung erkannte Fehler in den Datenbanken den jeweiligen Absendern, also vor allem den Kommunen nicht rückgekoppelt werden.         Zur beabsichtigten Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes habe ich in meiner Rede Ende September alles Wesentliche gesagt. Unstrittig ist, dass so ein Großvorhaben wie der Zensus 2021 einer umfassenden Vorbereitung bedarf. Es ist aber auch weiterhin nicht nachvollziehbar, warum pro Person 20 Einzeldaten aus den Melderegistern erhoben werden müssen, zum Beispiel die Frage nach dem Zeitpunkt der Eheschließung.

Auch vermisse ich angesichts der erheblichen Kosten von über 330 Millionen Euro eine schlüssige Begründung, weshalb die Datenerhebung zur politischen Steuerung überhaupt notwendig ist. Um die Missstände in den Bereichen fehlende Kitaplätze, bezahlbarer Wohnraum, überforderte Infrastruktur und Altersarmut zu erkennen, brauchen wir keinen neuen Zensus, sondern überzeugende politische Entscheidungen, zu denen die noch amtierende Regierung ganz offenkundig nicht imstande ist.

Über das nicht nur von uns kritisierte so genannte Omnibusverfahren neu hinzugekommen sind durch Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes die Einrichtung eines gut besoldeten leitenden Beamten bei der Beauftragten für Medien und Kultur sowie eine Änderung des Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes. Selbst Staatssekretär Mayer musste im Innenausschuss einräumen, dass ein Sachzusammenhang mit dem Zensus nicht mal ansatzweise besteht.

Gleichwohl will ich noch auf einen Punkt eingehen. Mit dem Dopingopfer-Hilfegesetz soll die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen um ein Jahr, also bis zum 31. Dezember 2019, verlängert werden.                                                                                                                               Die bisherige Bearbeitung der Anträge und die Beratung möglicher Anspruchsberechtigter haben ergeben, dass potentielle Antragstellerinnen und Antragsteller bisweilen mehr Zeit benötigen, um einen entsprechenden Antrag einzureichen.

Durch die Verlängerung der Einreichungsfrist ist damit zu rechnen, dass die Zahl der anspruchsberechtigten Dopingopfer höher liegen wird als ursprünglich angenommen. Im Gesetzgebungsverfahren 2016 ging die Bundesregierung von insgesamt 1000 anspruchsberechtigten DDR-Dopingopfern aus. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass diese Zahl bereits voraussichtlich Ende dieses Jahres erreicht sein wird.

Das zuständige Ministerium rechnet mit etwa 300 weiteren Anspruchsberechtigten, die im Laufe des Jahres 2019 einen Antrag auf die einmalige finanzielle Hilfe in Höhe von 10.500 Euro stellen könnten. Die Verlängerung der Antragsfrist um ein Jahr unterstützt DIE LINKE.

Wesentliche Mängel am Dopingopfer-Hilfegesetz, die ich bereits im Juni 2016 hier im Bundestag benannt habe, werden aber mit diesem Änderungsgesetz leider nicht beseitigt. So werden diese Hilfen auch weiterhin nicht für Opfer systematischen Dopings in Westdeutschland zur Verfügung stehen. Und für die ehemaligen Leistungssportler, die in Folge des Dopings wirklich schwere und dauerhafte gesundheitliche Schäden erlitten haben, bleibt die einmalige Zahlung von 10.500 Euro nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Fazit: Trotz unserer Zustimmung zur Änderung des Dopingopfer-Hilfegesetzes wird DIE LINKE in der Endabstimmung gegen das vorgelegte Omnibusgesetz votieren, zum einen wegen des aus unserer Sicht nicht akzeptablen Verfahrens und zum anderen vor allem wegen unserer inhaltlich gut begründeten Kritikpunkte zum Zensusvorbereitungsgesetz.