Fraktionsalltag, tschechische Gäste, Stasi-Debatten und ein Abschiedsbesuch
Hinter mir liegen zwei eher normale Arbeitstage im Landtag, und daher gibt es diesmal auch kaum Neues zu berichten. Die Woche begann gestern mit einer Beratung des Fraktionsvorstandes, in der wir die heutige Fraktionssitzung, aber zum Beispiel auch die Verabschiedung langjähriger Abgeordneter am 22. Juni mit Blick auf die zu Ende gehende Wahlperiode vorbereiteten.
Im Anschluss hatte ich gemeinsam mit unserem Europapolitiker Heiko Kosel und der gesundheitspolitischen Sprecherin ein etwa zweistündiges Treffen mit tschechischen Abgeordneten aus dem Regionalparlament Usti, wobei diesmal – anders als sonst – nicht nur Vertreter unserer Partnerpartei KSCM die sächsische Linksfraktion besuchten, sondern auch Abgeordnete der ODS und der Sozialdemokraten, die dem Ausschuss für internationale Beziehungen angehören. In unserem Gespräch, an dem erfreulicherweise auch der Generalkonsul der Tschechischen Republik in Sachsen teilnahm, ging es u.a. um gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus, um Fragen der Gesundheitspolitik, des Bildungswesens und um grenzüberschreitenden Rettungseinsätze von Feuerwehren in besonderen Katastrophenfällen. Für die nach den Landtagswahlen wurde ein Gegenbesuch in Usti nad Labem vereinbart, der vielleicht noch in diesem Jahr stattfinden wird.
Nach dem interessanten Gespräch warteten einige Stunden Büroarbeit auf mich, denn aufgrund der mehrtägigen Abwesenheit durch die Leitbild-Ost-Konferenz in Altenburg, den Kirchentag in Bremen und die Bundesversammlung in Berlin war doch einiges liegengeblieben, und auch das übervolle e-mail-Postfach musste durchgesehen werden, aber das muss ich bei bisweilen mehr als einhundert Mails pro Tag wohl nicht weiter vertiefen.
Kurz vor 21 Uhr war ich schließlich zu Hause, ging dann aber sehr schnell und für meine Verhältnisse ungewöhnlich früh zu Bett, weil ich mich irgendwie ausgelaugt fühlte und am Vortag am Infostand der LINKEN zum Stadtfest in Heidenau beim mehrstündigen Wahlkampf bei drückender Hitze wohl auch noch einen kleinen Sonnenstich abbekommen hatte…
Heute dann ging es mir gesundheitlich schon wieder etwas besser, und auch die Fraktionssitzung verlief ohne größere Komplikationen. Wir haben die letzte Plenarwoche des Landtags sowie die Bundesversammlung ausgewertet und auch über die aktuelle politische Situation in Sachsen mit Blick auf die bevorstehenden Wahlkämpfe gesprochen. Wenn man bedenkt, dass in knapp gut zwei Wochen die Entscheidung über die Landeslisten für die Wahlen zum Bundestag und zum Landtag fällt, was natürlich bei all denen, die wieder kandidieren wollen, verständlicherweise zu einer ziemlich angespannten Stimmung führt, dann war die letzte Zusammenkunft der Fraktion vor dem Nominierungsparteitag in Burgstädt zum Glück relativ unaufgeregt. Vom 12. bis 14. Juni haben nun die Delegierten das entscheidende Wort.
Am frühen Nachmittag gab es dann eine Sondersitzung des vom Landtag eingesetzten Bewertungsausschusses zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR, in der sich allerdings nichts wesentlich Neues ergab. Da die Beratungen des Gremiums geheim sind, darf ich über Details nichts berichten. Im Zweifel findet man alles Wichtige aber ohnehin in der Tagespresse, wie im vorliegenden Fall letzte Wochen in der „Leipziger Volkszeitung. Dafür sorgt schon die Birthler Behörde, die ja auch just in dieser Woche kurz vor der Europa-Wahl entdeckte, dass der Polizist, der vor mehr als 30 Jahren Benno Ohnesorg erschossen hat, ein IM der Staatssicherheit gewesen sein soll. Und schon versucht man, die Studentenbewegung Ende der 60er Jahre umzuinterpretieren und zu entwerten.
Man darf gespannt darauf sein, wann der erste BND-Agent im Politbüro enttarnt wird, aber das wird vermutlich noch dauern, denn die Akten des Bundesnachrichtendienstes sind ja derzeit noch nicht allgemein zugänglich. Aber auch das kann sich ja irgendwann ändern…
Am Nachmittag war dann noch Oberkirchenrat Berger, der langjährige Landesbeauftragte der evangelischen Kirchen in Sachsen, zu seinem Abschiedsbesuch in der Fraktion, denn er wird sein Amt Ende Juni aus Altergründen aufgeben. Wir hatten ein sehr offenes Gespräch, nicht nur über den jüngsten Kirchentag in Bremen, sondern auch über Moral in der Politik, über das Wahlrecht in Deutschland und mögliche Anknüpfungspunkte zwischen den Kirchen und der LINKEN, insbesondere im Sozialbereich, bei der Friedenspolitik oder auch in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Auch wenn natürlich diverse Meinungsunterschiede bleiben, war es wohl doch das beste Gespräch, das ich mit Herrn Berger in den zurückliegenden Jahren hatte.
Ihm persönlich wünsche ich alle Gute, und nun bin ich gespannt auf die erste Begegnung mit seinem Nachfolger im Amt.