15. Sportbericht der Bundesregierung mit Leerstellen, Halbwahrheiten und Schönfärberei

Der 15. Sportbericht der Bundesregierung muss zu einer Debatte um die Rolle des Sports in der Gesellschaft führen. Sport gehört als Staatsziel ins Grundgesetz. Die Leerstellen, Halbwahrheiten und Schönfärbereien des Berichtes müssen aufgearbeitet werden.


Auszug aus dem Plenarprotokoll 20/94 vom 30.03.2023

Tagesordnungspunkt 6:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung

15. Sportbericht der Bundesregierung Drucksache 20/5900

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Dr. André Hahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der 15. Sportbericht ist mit 225 Seiten deutlich umfangreicher als seine Vorgänger, aber leider keinen Deut besser. Er kommt wieder von einer Bundesregierung, die sich in vielen Fragen des Sports für nicht zuständig erklärt, auf die Länder und Kommunen verweist und die den Sport für nicht wichtig genug hält, um in dem für das Thema zuständige Ministerium auch das Wort „Sport“ in der Namensbezeichnung unterzubringen.

Der Bericht ist auch handwerklich schlecht gemacht.

Er ist offenbar aus diversen Zuarbeiten nahezu ungeprüft zusammengestoppelt, woraus sich dann Widersprüche, Leerstellen und eigenartige Gewichtungen ergeben. So werden zum Beispiel der durchaus wertvollen Arbeit der beiden Sportinstitute IAT und FES 20 Seiten eingeräumt, aber das Thema der Förderung des Baus und der Sanierung von Sportstätten und Schwimmbädern umfasst gerade mal 2 Seiten; dabei ist genau das eine der größten Herausforderungen der Sportpolitik.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jörn König [AfD])

Die Linke fordert weiterhin, den Schutz und die Förderung der Kultur sowie des Sports als Staatsziele in Artikel 20a des Grundgesetzes zu verankern.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Sport braucht ein eigenes Ministerium oder sollte zumindest als eigenständiger Bereich im Kanzleramt angesiedelt werden.

Dass die Regierung sich in ihrem Bericht selbst lobt, ist nicht ungewöhnlich. Kritische Anmerkungen sucht man vergeblich. Dass allerdings Grüne und FDP, die in der letzten Wahlperiode die Sportpolitik zu Recht oft kritisiert haben, das mitmachen, ist zumindest befremdlich.

Bemerkenswert sind auch die 14 Seiten Übersicht zu parlamentarischen Initiativen zum Thema Sport am Ende des Berichtes, leider ohne Nennung der jeweiligen Initiatoren. Viele der Drucksachen, die dort aufgeführt sind, vor allem die zahlreichen Anfragen, kamen nämlich von der Fraktion Die Linke,

(Beifall bei der LINKEN)

und dadurch bekam die Öffentlichkeit, meine Damen und Herren, viele interessante Infos zu fast allen Bereichen der Sportpolitik. Ich kann Ihnen versprechen, dass das in der jetzigen Wahlperiode nicht anders sein wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich gab es Ereignisse, die den Sport vor neue Herausforderungen stellten. Dazu gehören die Coronapandemie und der Krieg Russlands gegen die Ukraine; wobei die massiven Energiepreissteigerungen, die auch den Sport beeinträchtigen, nicht allein darauf zurückzuführen sind.

Interessant ist aber auch, was trotz des Umfangs des Berichtes nicht drinsteht. So wird fast völlig ausgeblendet, dass die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich auch dazu führt, dass viele Menschen sich das Sporttreiben in Vereinen oder auch in Fitnessstudios kaum noch leisten können. Bei der Bestanderhebung des DOSB über die Zahl der Mitglieder und Vereine in den 16 Bundesländern wird sichtbar, dass auch über 30 Jahre nach der deutschen Einheit der Organisationsgrad, also der Anteil der Bevölkerung, die in einem Sportverein organisiert ist, in den ostdeutschen Ländern im Schnitt mit rund 15 Prozent nur halb so hoch ist wie in den westlichen Bundesländern. Dass auf diese gravierenden Unterschiede ein Bundesinnenministerium, das auch das Wort „Heimat“ in seinem Titel trägt und auf gleiche Lebensverhältnisse hinwirken soll, im Bericht nicht mit einem einzigen Satz eingeht, ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt im Übrigen auch für den Umstand, dass Sport und Bewegung in den Bildungseinrichtungen, also Kitas, Schulen bis hin zu den Berufsschulen, Hochschulen, Universitäten, in diesem Bericht kein Thema sind. Kaum wird im Bericht auch auf die sich durch den Klimawandel ergebenden Herausforderungen eingegangen, zum Beispiel für den Wintersport und andere energieintensive Sportarten.

Auf die Nationale Strategie Sportgroßveranstaltungen und die höchst fragwürdigen und absurde 40 Millionen Euro teuren Invictus Games für kriegsversehrte Soldaten kann ich aus Zeitgründen heute leider nicht eingehen.

Zu den Überlegungen einer erneuten Bewerbung zur Ausrichtung von Olympischen und Paralympischen Spie- len in Deutschland will ich für Die Linke nur anmerken: Solange Bund, Länder und Kommunen in Deutschland keinen vernünftigen Schulsport und Schwimmunterricht absichern können und die Sportstättensanierung nicht endlich voranbringen, –

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

– werden wir uns nicht für weitere deutsche Olympiabewerbungen engagieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Fazit: Trotz Leerstellen, Halbwahrheiten und Schönfärberei bietet der Sportbericht viele Informationen und lädt zu einer umfassenden Debatte ein. Ich freue mich auf die Anhörung im Sportausschuss, bei der dann auch die Vertreter des Sports zu Wort kommen werden.

Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)