Verfassungsschutzchef Maaßen nicht länger im Amt haltbar – De Maizière muss handeln

Der stellv. Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, Dr. André Hahn (DIE LINKE) erklärt:

Ich hatte gehofft, dass der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Hans-Georg Maaßen das Wochenende dazu nutzt, um über seinen unsäglichen Auftritt vor dem NSA-Untersuchungsausschuss am vergangenen Donnerstag nachzudenken und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Das hat er ganz offenkundig nicht getan, denn die eigentlich unvermeidbare Rücktrittserklärung ist ausgeblieben. Deshalb fordere ich nun den Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf, endlich zu handeln und Herrn Maaßen zu entlassen.

Es gab bereits in den zurückliegenden Monaten diverse Vorkommnisse und Probleme im BfV, die erhebliche Zweifel an der Führung des Inlands-Geheimdienstes aufkommen ließen, aber die letzten Tage haben das berühmte „Fass zum Überlaufen“ gebracht:

Zunächst das angeblich plötzliche Auffinden eines Handy des V-Manns „Corelli“, der im NSU-Komplex eine wichtige Rolle spielt, das aber monatelang nicht ausgewertet und von dem der Behördenleiter viel zu spät informiert wurde. Dann tauchten gleich fünf SIM-Karten auf, die Corelli zuzuordnen sind und die wie das Telefon dem vom Parlamentarischen Kontrollgremium eingesetzten Sonderermittler Jerzy Montag vorenthalten worden waren. Hier besteht auch der Verdacht der Unterdrückung von Beweismitteln, die in Münchner NSU-Prozess womöglich von Belang gewesen wären. Selbst wenn Maaßen diese neuerliche Panne nicht persönlich verursacht hat, so stellt sich doch die Frage nach seiner politischen Verantwortung als Chef der Behörde.

Und dann folgte noch der ebenso arrogante wie in der Sache völlig inakzeptable Auftritt vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Anstatt in seinem Eingangsstatement für die Aufklärung der vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit den Snowden-Enthüllungen zu sorgen und z.B. den Abgeordneten und der Öffentlichkeit zu erklären, warum die Spionageabwehr gegen die Aktivitäten von NSA&Co. weitestgehend versagt hat, zeigte er ein höchst fragwürdiges Demokratieverständnis, in dem er sich über die zwei laufenden Untersuchungsausschüsse beklagte, die seiner Meinung nach (z.B. für die Aktenbereitstellung) angeblich zu viele personelle Kapazitäten beim Verfassungsschutz binden, so dass das Amt seinen eigentlichen Aufgaben, so bei der Terrorabwehr womöglich nicht mehr ausreichend nachkommen könne. Möge niemand sagen, er, Maaßen, hätte davor nicht gewarnt. Soll wohl heißen: Wenn es doch einen Terroranschlag in Deutschland geben sollte, wären die Parlamentarier zumindest mitschuldig, weil der Verfassungsschutz wegen ihnen seiner eigentlichen Arbeit nicht nachkommen konnte. Dreister geht es kaum noch, denn diese Aussage zeigt nicht nur, dass man an der Spitze des Verfassungsschutzes aus dem NSU-Skandal leider nur wenig gelernt hat, sondern sie offenbart ein gestörtes Verhältnis zur im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehenen Kontrolle des Regierungshandelns und auch der Geheimdienste. Wer parlamentarische Untersuchungen vor allem als lästig empfindet, darf definitiv keine Bundesbehörde leiten!

Und schließlich finde ich es in höchstem Maße unverantwortlich, wenn der Chef des deutschen Inlandsnachrichtendienstes in einer öffentlichen Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses andeutet, dass Edward Snowden womöglich Agent eines russischen Geheimdienstes sein könnte und auf mehrfache Nachfragen meinerseits dafür nicht den geringsten Beleg oder gar Beweis vorlegen kann. Das ist rufschädigend und absolut inakzeptabel.

Wer so agiert, darf nicht länger an der Spitze der Institution stehen, die eigentlich die Verfassung und die Grundrechte der Bürger schützen soll. Und der zuständige Bundesinnenminister darf nicht länger schweigen bzw. sich vor seinen Verfassungsschutzpräsidenten stellen, sondern muss endlich die notwendigen Konsequenzen ziehen.