Rede zur Demonstration „Geh denken“ am 14.2. in Dresden

Rede bei „Geh denken“ in Dresden am 14.02.2009:

Sechs Wünsche beim Treffen der Menschen vor dem Landtag, „die dem braunen Spuk ein Ende bereiten wollen“

Es gilt das gesprochene Wort!

 

(Anrede)

Ich bin sehr froh, dass heute so viele Menschen zusammengekommen sind, um den Nazis die Stirn zu bieten, und ich freue mich besonders, dass hier an dieser Stelle, dass hier vor dem Sächsischen Landtag nicht wie in früheren Jahren der Ausgangspunkt der Nazi-Aufmärsche ist, sondern dass sich hier diejenigen treffen, die dem braunen Spuk ein Ende bereiten wollen.

Heute finden in Dresden anlässlich des inzwischen schon 64. Jahrestages der Bombardierung dieser Stadt zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt, und es ist gut, dass sich so viele Gruppierungen engagieren, die nicht zulassen wollen, dass die Nazis dieses Datum für ihre geschichtsverfälschenden Zwecke instrumentalisieren können.

Da heute an ganz verschiedenen Orten diverse Reden gehalten werden, will ich nicht der Versuchung erliegen, im so genannten Super-Wahljahr hier eine vorrangig parteipolitische Erklärung abzugeben. Stattdessen will ich in der gebotenen Kürze sechs Wünsche äußern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen hier unmittelbar vor dem Gebäude des Sächsischen Landtages.

Mein erster Wunsch lautet: Wenn es notwendig sein sollte, dass wir uns in einem Jahr an dieser Stelle wiedertreffen, dann hoffe ich darauf, dass in diesem Haus keine Nazis mehr sitzen, weil viele Menschen an den Wahlen teilgenommen und die NPD aus dem Landesparlament abgewählt haben.

Zweitens wünsche ich mir, dass bei aller berechtigten Trauer über die Opfer des 13. Februar 1945 niemals vergessen wird, dass die Tausenden Toten in Dresden letztlich auch Opfer des von den Faschisten angezettelten 2. Weltkrieges waren, denn dieser ging nun einmal von Deutschland aus und kehrte am Ende hierher zurück. Dieser Fakt darf weder vergessen noch verschwiegen werden.

Vor gut zwölf Monaten, am 27. Januar 2008, war es Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, der hier im Landtag die offizielle Gedenkrede für die Opfer des Nationalsozialismus gehalten hat.

Dieser Auftritt von Romani Rose war alles andere selbstverständlich, denn bekanntlich gehört die von ihm geführte Organisation zu jenen NS-Opferverbänden, die in einer spektakulären Austrittswelle Anfang 2004 ihre Mitwirkung in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten aufkündigten, weil sie sich gegen jede Gleichsetzung der Nazizeit mit der DDR zur Wehr setzen wollten.

Ich meine: Die scheinbar unendliche Geschichte des Streites mit den NS-Opferverbänden muss möglichst bald ein Ende haben. Deshalb mein dritter Wunsch: Wir brauchen hier bei uns in Sachsen endlich ein neues Gedenkstättengesetz, das die Singularität der Nazi-Verbrechen auch in den Gremien der Stiftung eindeutig klarstellt.

Bei aller berechtigten Kritik an der DDR und dem unbestrittenen Anspruch von Opfern des Stalinismus auf die Darstellung ihrer Verfolgung, darf es bezüglich der Einzigartigkeit des Holocaust keinerlei Relativierung geben

Vor zwei Tagen ist durch eine Anfrage der LINKEN im Landtag herausgekommen, das die Zahl antisemitischer Straftaten im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen ist, und zwar von 69 im Jahr 2007 auf nunmehr 102, wobei Dresden mit 33 Fällen bedauerlicherweise an der Spitze lag. Ich wünsche mir daher viertens, dass die dafür Verantwortlichen mit aller Härte bestraft werden und dass wir in einem Jahr konstatieren können, dass derartige Straftaten deutlich zurückgegangen sind.

Den fünften Wunsch hätte ich mir gern erspart, aber ich muss ihn dennoch formulieren: Ich hoffe sehr – sofern es notwendig sein sollte, dass wir uns in einem Jahr wiedertreffen müssen –, dass dann die Oberbürgermeisterin dieser Stadt und die hiesige CDU keine separaten Veranstaltungen mehr durchführen, sondern sich am partei- und konfessionsübergreifenden Bündnis der Demokraten beteiligen.

Mein sechster und letzter Wunsch ist, dass wir alle standhaft bleiben. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die NPD und ihre Schergen das Gedenken in dieser Stadt dominieren. Was anderswo gelang, muss auch hier möglich sein: Lassen wir es nicht zu, dass die Nazis die Opfer und die Trauer der Hinterbliebenen verhöhnen. 2010 wird dann gutes Jahr, wenn wir gemeinsam verhindern, dass die Rechten wieder durch unsere Stadt marschieren.

Herzlichen Dank!

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