Rechtsextremismus ist kein sportspezifisches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem
Wenn sich die wahren Fußballfans aktiv einmischen statt wegzuschauen, dann verdienen sie unseren Respekt und unsere Anerkennung. Das erlebe ich erfreulicherweise immer wieder bei vielen Fußballvereinen in Sachsen und nicht zuletzt auch bei Dynamo Dresden. Dort gibt es bekanntermaßen zwar durchaus Probleme, die nicht verschwiegen werden dürfen, aber die übergroße Mehrheit der Fans lehnt Gewalt und Rassismus entschieden ab. Dies ist am Ende eine wichtige Voraussetzung für volle Stadien, für eine gefüllte Vereinskasse und schließlich auch für den sportlichen Erfolg.
Wortlaut der Rede (Auszug aus dem Plenarprotokoll 18/226):
Dr. André Hahn (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Steffel, trotz unbestrittener Anstrengungen von Fans, Vereinen und Verbänden sind im Sport, insbesondere im Fußball, Rassismus und Homophobie leider immer wieder an der Tagesordnung. Auch die unterschiedlichen staatlichen Programme von Bund und Ländern haben diese menschenfeindlichen Phänomene bisher nicht wirksam unterbinden können.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Dann können wir sie ja streichen!)
Es ist also weder dem Fußball noch der Politik allein gelungen, eine antirassistische Kehrtwende in den Stadien einzuleiten.
Wie wäre es, den Kampf gegen rechte Hooligans und Nazischläger endlich einmal gemeinsam anzugehen? Wenn sich die wahren Fußballfans aktiv einmischen, statt wegzuschauen, verdienen sie unseren Respekt und unsere Anerkennung.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])
Ich erlebe erfreulicherweise immer wieder bei vielen Fuß- ballvereinen in Sachsen, nicht zuletzt auch bei Dynamo Dresden – dass es dort bekanntermaßen Schwierigkeiten gibt, darf und soll nicht verschwiegen werden –, dass die übergroße Mehrheit der Fans Gewalt und Rassismus entschieden ablehnt. Dies ist am Ende eine wichtige Voraussetzung für volle Stadien, für eine gefüllte Vereinskasse und schließlich auch für den sportlichen Erfolg.
Das Phänomen, über das wir heute reden, gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch bei unseren europä- ischen Nachbarn. Wir brauchen also nicht nur den berühmten Blick über den Tellerrand, sondern auch international abgestimmte Strategien. Hier meine ich nicht nur grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden, sondern eben auch die Förderung der Zusammenarbeit von Faninitiativen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Der Antrag der Grünen ist sinnvoll. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man ihn ablehnen kann.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Lesen Sie ihn sich doch mal durch!)
Und im Gegensatz zum Kollegen Steffel freue ich mich auf die Rede von Frau Lazar. Sie wird uns bestimmt etwas zu sagen haben.
In der ersten Debatte zu diesem Antrag am 28. Januar 2016, also vor über einem Jahr, haben die Redner der Koalition mehrfach auf die Autonomie des Sports verwiesen. Haben Sie das getan, um sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen? Haben Sie überhaupt eine Idee, wie es funktionieren könnte? Ich habe nichts gehört. Überaus dürftig sind auch Ihre Begründungen zur Ablehnung Dr. Frank Steffel 22766 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 226 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 24 . März 2017 (A) (C) (B) (D) des vorliegenden Antrags. Bessere Vorschläge haben Sie nicht vorgelegt.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Haben sie denn jemals bessere Vorschläge gemacht?)
Auch die vor Jahresfrist angekündigte Debatte im Sportausschuss, um eine klare Aussage der Bundesregierung zu Löschungen in der Datei „Gewalttäter Sport“ zu erhalten – es geht nicht um deren Abschaffung, sondern um Löschungen –, ist letztlich ziemlich unbefriedigend ausgefallen. In der Beschlussempfehlung jedenfalls gehen Union und SPD mit keinem Wort mehr auf notwendige Änderungen bei den Regelungen für die Speicherung ein. Dabei wissen auch die Koalitionäre ganz genau, dass die Bestimmungen, wer in dieser Datei gespeichert werden kann, alles andere als konkret sind. Immer wieder kommt es zu völlig anlasslosen Speicherungen. Insofern muss dort etwas getan werden.
(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Das wäre der Stasi nicht passiert! – Gegenruf des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau Ihr Niveau, Herr Kollege!)
– Herr Kollege Steffel, wenn das das Einzige ist, was Ihnen dazu einfällt, tun Sie mir ausgesprochen leid.
(Beifall bei der LINKEN – Frank Tempel [DIE LINKE]: Das ist exakt sein Niveau!)
Es muss doch uns allen daran gelegen sein, dass die Daten einer Person, die ohne entsprechenden Grund, völlig ungerechtfertigt, vielleicht durch irgendeine Polizeikontrolle, in der Datei gelandet sind – das sind beileibe keine Einzelfälle –, unverzüglich gelöscht werden. Das sollte schlicht eine Selbstverständlichkeit sein.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Genauso selbstverständlich sollte es sein, die Anzeichen für verstärkte rechtsextreme Aktivitäten von vermeintlichen Fußballfans als gesamtgesellschaftliches Problem zu benennen.
Nun ein Zitat: Der Fußball allein kann gesellschaftliche Probleme zwar nicht lösen, aber gemeinsam können wir einen Beitrag dazu leisten, Rechtsextremismus und Diskriminierung in Deutschland ins Abseits zu stellen. So heißt es im Vorwort der DFB-Broschüre „Für Vielfalt und Respekt!“. Das bedeutet: Um die Fangewalt, insbesondere um die rechtsextremistische, muss sich auch die Politik in Bund, Ländern und Kommunen kümmern, anstatt einfach auf die Autonomie des Sportes zu verweisen und die Sache an den Deutschen Fußball-Bund als größte Sportfachorganisation der Welt zu delegieren.
Die Linke plädiert dafür, dass zivilgesellschaftliches Engagement von Fangruppen und Vereinen, die sich gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit im Sport einsetzen, noch besser und gezielter als bisher gefördert wird. Wir unterstützen dabei durchaus die Idee eines einheitlichen Bundesprogramms zur Unterstützung einer friedlichen und vielfältigen Fankultur. Wir halten es allerdings für sinnvoller, dies in das bereits bestehende Programm „Demokratie leben“ einzuordnen. Beim Rechtsextremismus handelt es sich schließlich nicht um ein sportspezifisches Problem – da hat Herr Steffel ausnahmsweise recht –;
(Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Na ja!)
er ist vielmehr Teil einer echten Gefahr für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, und das sollte uns alle angehen. Rechtes Gedankengut, rechte Parolen und rechte Schläger beim Fußball sind unser aller Problem. Deshalb müssen wir endlich entschlossen und vor allem gemeinsam dagegen vorgehen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)