„Nazi-Aufmarsch fand nicht statt“ – solche Schlagzeilen wieder erwünscht / Debatte zum Gedenken an 13.2. in Dresden

Zur Aktuellen Debatte des Sächsischen Landtags auf Antrag der LINKEN „Dem Missbrauch des Gedenkens an den 13. Februar durch Neonazis auch 2011 in Dresden engagiert und friedlich entgegentreten“ erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Dr. André Hahn:

Am 13. Februar 2010, also vor knapp einem Jahr, gingen Nachrichten und Bilder von Dresden aus, die im ganzen Land und auch international große Beachtung fanden. Diesmal ging es dabei nicht um den europaweit größten Aufmarsch von Neonazis wie leider in früheren Jahren. Nein, diesmal gingen überaus positive Signale von der sächsischen Landeshauptstadt aus.

„Nazi-Aufmarsch fand nicht statt“, „Zivilcourage verhindert Missbrauch des Gedenkens“, „Dresden setzt Nazis schach-matt“ – so oder ähnlich lauteten die Überschriften in den Medien.

In diversen Kommentaren war von einem großen Erfolg für die Demokratie ebenso die Rede wie von der Notwendigkeit und Berechtigung zivilen Ungehorsams gegen neofaschistische Bestrebungen. Und auch der Polizeipräsident des Landes bestätigte, dass von den Blockaden keine Gewalt ausgegangen ist. Ich sage es ganz deutlich: Solche Schlagzeilen und solche Kommentare wünsche ich mir auch in diesem Jahr.

Der Sächsische Landtag ist nach unserer Verfassung nicht allein Gesetzgeber, sondern auch Stätte der politischen Willensbildung, und wenn wir heute, wenige Tage vor dem 13. Februar, hier zusammen tagen, dann sollten wir uns zu diesem Datum auch positionieren. Deshalb hat meine Fraktion DIE LINKE dies auch zum Gegenstand der Aktuellen Debatte gemacht.

Wir hätten uns eigentlich einen fraktionsübergreifenden Antrag für Zivilcourage und Weltoffenheit gewünscht, wie 2009 in Thüringen oder erst vor wenigen Tagen im Landtag von Sachsen-Anhalt, und wir haben ja auch erst in der letzten Woche im Innenausschuss einen Antrag vorgelegt, der eigentlich von allen hätte mitgetragen werden können. Ich will den Wortlaut dieses Antrages noch einmal in Erinnerung rufen. Dort heißt es:

Der Landtag möge beschließen:

Der Landtag spricht sich gegen den fortgesetzten Missbrauch des Gedenkens zum 13. Februar durch geschichtsverfälschende, fremdenfeindliche, antisemitische, neonazistische und demokratiefeindliche rechte Kräfte aus.

Der Landtag unterstützt das breite zivilgesellschaftliche Bündnis von Dresdnerinnen und Dresdnern, Kirchen, Gewerkschaften, überregionaler und lokaler Initiativen, Vereinen und demokratischen Parteien sowie Gästen aus anderen Städten in seinen Aktivitäten, den am 13. und 19. Februar 2011 in Dresden von Neonazis angemeldeten Kundgebungen und Aufmärschen durch friedlichen Protest in „Sicht- und Hörweite“ entgegen zu treten.

Die Staatsregierung wird ersucht, in ihrem Verantwortungsbereich, insbesondere im polizeilichen Einsatzkonzept und gegenüber den zum Einsatz kommenden Polizeikräften aus Sachsen und anderen Bundesländern, wirksame Vorkehrungen dafür zu treffen, damit das breite zivilgesellschaftliche Engagement des Bündnisses am 13. und 19. Februar 2011 in Dresden nicht durch behördliches Handeln verhindert und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des breiten demokratischen Bündnisses bei ihren friedlichen Protesten gegen die Naziaufmärsche in Dresden von Seiten der Behörden und Polizeikräfte dem Deeskalationsgebot folgend in jeder Lage mit Kooperationsbereitschaft begegnet wird.

Ich habe nicht verstanden, warum die CDU-Fraktion eine Befassung mit dem Antrag im Innenausschuss abgelehnt hat. Aber vielleicht gelingt es ja in dieser Aktuellen Debatte, eine gemeinsame Position zu finden.

Ich bin sehr froh, dass der diesjährige Aufruf zur Bildung der Menschenkette am 13. Februar von allen demokratischen Fraktionen des Stadtrates mitgetragen wird und dass auch die Neustadtseite mit einbezogen werden soll. Ich danke der Dresdner Oberbürgermeisterin für ihre Initiative und möchte Helma Orosz persönlich und sicher auch im Namen des gesamten Landtages von dieser Stelle die besten Genesungswünsche übermitteln.

Ich selbst werde mich auch in diesem Jahr sowohl an der Menschenkette wie auch an anderen friedlichen Protestaktionen gegen den geplanten Nazi-Aufmarsch beteiligen, egal ob er nun am 13. oder am 19. Februar stattfindet. Und ich lasse mich dabei auch nicht vom fragwürdigen Vorgehen der Dresdner Staatsanwaltschaft oder von einem eigentümlichen Verwaltungsgerichtsurteil einschüchtern, das nach meiner festen Überzeugung in den nächsten Instanzen keinen Bestand haben wird.

Die Polizeiführung in Dresden und die eingesetzten Beamten vor Ort haben vor einem Jahr sehr besonnen gehandelt, deeskalierend gewirkt und nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit auch sachgerecht entschieden. Und ich füge hinzu: Ich hoffe sehr, dass dies auch in den kommenden Tagen so sein wird. Wir als LINKE bieten unsere Kooperation dabei ausdrücklich an.

Schon vor einigen Jahren wurde aus vielen tausend Teelichtern auf dem Altmarkt der Schriftzug: „Diese Stadt hat Nazis satt!“ geformt, auch ein Foto, dass um die Welt ging. 2010 reihten sich tausende Menschen in eine Menschenkette in der Dresdner Altstadt ein – ein beeindruckendes Bild.

Auf der Neustadtseite stellten sich viele tausend Menschen – so viele wie nie zuvor – erfolgreich den Nazis entgegen, verhinderten letztlich den geplanten Aufmarsch und damit den Missbrauch des Gedenkens an die Opfer des 13. Februar. Lassen Sie uns diesen Erfolg 2011 wiederholen, natürlich friedlich, aber auch mit aller Entschlossenheit!