Jetzt nicht Ulbig rechts oder links überholen – erst mal Angebot zum Konsens über neues Versammlungsrecht nutzen

Zur Ankündigung von Justizminister Dr. Martens (FDP) und der Rechtspolitiker von CDU und FDP, das gestern vor dem Leipziger Verfassungsgerichtshof gescheiterte sächsische Versammlungsgesetz in Bälde wieder neu in den Geschäftsgang des Landtags einzubringen, da es ja angeblich nur aus formalen Gründen für nichtig erklärt worden sei, erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Dr. André Hahn:

Ein Jurist wie der Justizminister sollte wissen, dass das Verfassungsgericht die umstrittenen Spezialitäten dieses Versammlungsgesetzes keineswegs für zulässig erklärt hat, sondern diese schlicht nicht überprüfen konnte, weil CDU und FDP schon beim Gesetzgebungsverfahren selbst elementare Fehler begangen haben. Die inhaltlichen Mängel des Gesetzes sind aber in der Verhandlung vor Gericht und in den Schriftsätzen lang und breit zur Sprache gekommen, und daher erwarten wir, dass die Koalition sich vor einer Wiedervorlage des Gesetzes ernsthaft mit den Kritikpunkten auseinandersetzt. Andernfalls würden wir uns mit Sicherheit erneut in Leipzig vor dem höchsten sächsischen Gericht wiedersehen.

Innenminister Ulbig hat zu einem Symposium über gesellschaftliche und rechtliche Konsequenzen aus der Auseinandersetzung nicht zuletzt um die versuchten Naziaufmärsche in Dresden eingeladen. Dazu werden auch hochrangige Jusristen erwartet, und es sollen – so die ausdrückliche Ankündigung des Innenministers – neue Erkenntnisse für mögliche Änderungen des Versammlungsrechts gewonnen werden. Daher warne ich vor gesetzgeberischen Schnellschüssen – es ist jetzt nicht der passende Augenblick, den Innenminister rechts oder links zu überholen. Sondern alle demokratischen Fraktionen und die Mitglieder Staatsregierung sollten das Angebot annehmen, zu einem neuen Konsens zu finden.

Das für nichtig erklärte Versammlungsgesetz hatte seit seinem Inkrafttreten keinen einzigen Naziaufmarsch verhindert – der Ansatz, mit der generellen Einschränkung von Grundrechten die Feinde der Freiheit in die Schranken zu weisen, sollte als untauglich ad acta gelegt werden. Die sächsische Demokratie hat Besseres verdient – dazu möge das Symposium unter Federführung von Innenminister Ulbig Anregungen geben!