Erwiderung auf die Erklärung von Wirtschaftsminister Jurk zur Insolvenz von Qimonda

130. Landtagssitzung, 23.01.2009, Erklärung des Wirtschaftsministers aus aktuellem Anlass

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede//

Da, was uns der Wirtschaftsminister soeben offiziell mitgeteilt hat, ist ein schwerer Schlag ins Kontor. Es droht nicht nur der Verlust tausender Arbeitsplätze, sondern es droht in letzter Konsequenz auch das Aus für den Mikroelektronik-Standort in Dresden.

Wenn im nun folgenden Insolvenzverfahren nicht doch noch eine Rettungsmöglichkeit für Qimonda gefunden wird, dann könnte in der Folge auch Infineon ins Trudeln geraten und würde auch AMD wohl kaum länger hier in der Region bleiben. Natürlich liegt die Hauptverantwortung für die nun eingetretene Situation beim Unternehmen selbst, konkret in der Vorstandsetage, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach wie vor hoch qualifiziert und leisten eine hervorragende Arbeit. Und selbstverständlich ist festzuhalten, dass die Mutterfirma Infineon offenkundig nicht in der Lage oder nicht bereit war, einen größeren Beitrag zur Rettung von Qimonda zu leisten.
Aber zugleich gibt es auch politische Verantwortlichkeiten, die in dieser Stunde benannt werden müssen.
Niemand kann erwarten, dass hunderte von Millionen Euro aus Steuergeldern in ein untergehendes Schiff geworfen werden., aber ich bleibe dabei:
Es gab Möglichkeiten für die Staatsregierung Qimonda zu retten, ja es gab offenbar sogar wirklich vernünftige und für den Freistaat finanziell vertretbare Angebote zur Übernahme von Anteilen an Qimonda. Eine staatliche Beteiligung am Unternehmen wäre ein klares Zeichen gewesen, dass Qimonda erhalten werden soll, ein klares Zeichen sowohl an die Konkurrenz, insbesondere in Fernost und auch an die Banken, die Überbrückungsdarlehen bereitstellen sollten.
Dieses Zeichen ist ausgeblieben, obwohl es ja wohl im Wirtschaftsministerium ganz konkrete Überlegungen in diese Richtung gab. Staatskanzleichef Beermann und Finanzstaatssekretär Voß haben jedoch die Ampeln auf Rot gestellt, offenbar auf Geheiß der CDU.
Jetzt rächt sich die wochenlange Hinhalte-Taktik von Staatskanzlei und CDU-Landtagsfraktion. Anstatt schon Ende letzten Jahres ein eindeutiges Signal zu senden, dass der Freistaat Sachsen den Erhalt von Qimonda und damit letztlich auch des Mikroelektronik-Standortes in Dresden mit Landesmitteln und Bürgschaften unterstützen wird, ist vor allem die CDU-Fraktion dem um eine tragfähige Lösung bemühten Wirtschaftsminister Jurk (SPD) in völlig unverantwortlicher Weise in den Rücken gefallen und hat die notwendigen Entscheidungen des Parlaments blockiert. Die CDU ist offenkundig sowohl gegen staatliche Beteiligungen die Qimonda als auch generell gegen die Verabschiedung eines Nachtragshaushalts. Ministerpräsident Tillich hat zu alledem geschwiegen, er hatte wie immer keine eigene Meinung und er hat damit das Vorgehen seiner Fraktion letztlich sanktioniert.

Die Folgen dieser Verweigerungshaltung waren verheerend: Ohne (vorheriges) staatliches Engagement bekam das angeschlagene Unternehmen Qimonda bei den Banken keine Kredite mehr, die zur Überbrückung bis zur Einführung der neuen und absehbar rentierlichen Produktlinie zwingend erforderlich sind. Wenn die CDU im Wissen
um diese Situation staatliche Hilfen erst gewähren wollte, wenn Qimonda zuvor verbindliche Kreditzusagen nachweist – was objektiv so gut wie unmöglich ist –, dann wurde in meinen Augen damit der Untergang des Unternehmens offenbar bewusst in Kauf genommen.
Wegen einer angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ohnehin überholten Ideologie (bei der CDU heißt das: Keine staatliche Beteiligung an Unternehmen), riskierte die sächsische Union den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. Wer so agiert, hat in Regierungsverantwortung nichts verloren.
Und es ist schon einigermaßen dreist, wenn CDU-Fraktionschef Flath in seiner heutigen Presseerklärung dem Wirtschaftsminister jetzt auffordert, sich um Auffanglösungen für die von Entlassung bedrohten Mitarbeiter zu bemühen. Natürlich brauchen wir diese Auffanglösungen, aber ist völlig inakzeptabel, dass die CDU zuerst dem
Wirtschaftsminister in den Rücken fällt und ihm nun die Verantwortung für die Schadensbegrenzung zuweist.
Für die Linksfraktion steht fest: Das mit Investitionen in Milliardenhöhe mühsam etablierte Technologiecluster in der Chipindustrie Sachsens – nicht nur von der CDU einst als Leuchtturm für den Aufbau Ost gefeiert – darf nicht durch eine vollständige Pleite von Qimonda gefährdet werden. Die sächsische CDU unter Ministerpräsident
Tillich ist derzeit dabei, dem auch mit Steuergeldern reichlich gefüllten Fass für die Chipindustrie in Dresden den Boden auszuschlagen.
Mit einer Pleite von Qimonda würde jene kritische Masse innerhalb des Technologieclusters erreicht, die das gesamte Cluster zum Einsturz bringen kann. Selbst AMD wäre betroffen, da AMD und Qimonda gemeinsame Projekte zur Forschung und Entwicklung neuartiger Speichertechnologien unterhalten. Synergien würden entfallen,
künftige Investitionen von AMD würden in die USA oder nach Asien „abwandern“, und die gesamte EU würde sich technologisch von diesen Ländern abhängig machen. Das muss auch aus wirtschafts-strategischen Gründen verhindert werden.
Die Linksfraktion fordert die Staatsregierung auf, dem Landtag schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen, wie der Mikroelektronik-Standort in Dresden trotz der nun eingetretenen Situation gesichert werden kann. Hier erwarte ich dann endlich auch einmal klare Aussagen und vor allem erkennbares Handeln vom sächsischen Ministerpräsident. Während Qimonda ums Überleben kämpft ließ es sich Stanislaw Tillich einen ganzen Tag lang auf der Grünen Woche gut gehen und inszenierte sich medienwirksam.
Heute jedoch kein Wort vom Ministerpräsidenten. Wieder einmal kneift Herr Tillich vor der Verantwortung.
Wann endlich fangen Sie mit dem Regieren an? Wann zeigen Sie ihre Richtlinienkompetenz? Wann bringen Sie dieses Land auch nur in einem einzigen Punkt voran?
Herr Tillich, zum Abschluss noch eine Erwartung: Leisten Sie nun wenigstens einen erkennbaren Beitrag zur Schadensbegrenzung, wenn Sie schon den Schaden nicht verhindert haben.

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