Einschränkungen für Nazis Erfolg der Zivilgesellschaft – Ordnungsamt und Gericht für teilweise Eskalation verantwortlich

Zu den Auseinandersetzungen um die heutigen Nazi-Aufmärsche in Dresden sagt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn, der sich sowohl an friedlichen Protesten an der Marienbrücke, im Bereich des Hauptbahnhofes und an der Freiberger Straße sowie der Mahnwache vor dem Kirchentagsbüro beteiligt hat:

Dass die Neonazis ihre Veranstaltungen in Dresden zum Teil gar nicht oder nur unter erheblichen Einschränkungen durchführen konnten, ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft. Dank gebührt den mehr als 20.000 Menschen, die in vielfältiger Form gegen Nazis und den Missbrauch des Gedenkens an die Kriegszerstörung Dresdens Gesicht gezeigt und oft stundenlang in der Kälte ausgeharrt haben. Ich freue mich persönlich, dass sogar Menschen aus Tschechien und Polen den Protest unterstützt haben und unter den Bundestags-, Europa- und Landtagsabgeordneten aus Nah und Fern auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion der LINKEN in Hessen, Willi van Ooyen, trotz der Anklage-Drohung der Staatsanwaltschaft wegen der Teilnahme an der Blockade am 13. Februar 2010 erneut praktische Solidarität mit dem Widerstand gegen Naziaufmärsche in Dresden gezeigt hat (s. o. Link zu Fotos).

Ich begrüße es ausdrücklich, dass Sachsens Innenminister Ulbig (CDU) angesichts der öffentlichen Nichtvermittelbarkeit der jüngsten behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen rund um den 13. und 19. Februar in Dresden eine Debatte über das Versammlungsrecht entfachen möchte. Es ist ein Skandal historischen Ausmaßes, dass Gewerkschaftern verboten worden ist, vor ihrem eigenen Haus eine Mahnwache gegen Nazis abzuhalten. Die Kombination aus dilettantischem Handeln des Dresdner Ordnungsamtes und verantwortungslosen Urteilen des Verwaltungsgerichts, die definitiv nicht „im Namen des Volkes“ ergangen sein können, haben für die bisweilen unübersichtlichen Verhältnisse und die teilweise Eskalation der Lage gesorgt.

Klar ist schon jetzt: Das Behördenhandeln insbesondere am 19. Februar wird nicht nur ein parlamentarisches Nachspiel haben: Wenn viele Tausend friedlicher Menschen daran gehindert werden, mit ihren Bussen in die Stadt zu fahren, ist das unverständlich. Wenn die Informationen Thüringer Demonstranten zutreffen, wurden sie von der Polizei genötigt, auf dem Standstreifen einer Ausfahrt der A 17 aus dem Bus auszusteigen. Dort musste die Gruppe, darunter hochbetagte Bürger und Schwerbehinderte, über die Leitplanke klettern und mehrere Kilometer stadteinwärts laufen. Ich erwarte daher von Innenminister Ulbig, neben der notwendigen Grundsatzdebatte von sich aus schnellstmöglich dem Parlament umfassend Bericht zu erstatten.

In Dresden dürfen nicht nur nie wieder Nazis marschieren, es darf auch nie wieder so mit dem Protest von Bürgern umgegangen werden, die diese Stadt nicht den Nazis überlassen wollen!