Digitalisierung der Verwaltung erfordert größere Anstrengungen

Bei der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen müssen Bund, Länder und Kommunen mit größerer Entschlossenheit zusammenarbeiten, wenn Deutschlands Verwaltung nicht bald das digitale Schlusslicht in Europa sein soll. Der Bund muss endlich geeignetes Personal rekrutieren, anstatt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln wieder nur die Beraterwirtschaft zu subventionieren.


Zu Protokoll gegebene Rede

Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/104 vom 6.6.2019

Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ersten IT-Änderungsstaatsvertrag (Tagesordnungspunkt 18)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Deutschlands Verwaltung soll endlich zu einem Vorbild bei der Digitalisierung werden. Das verspricht der Aufbaustab von FITKO, der Föderalen IT-Kooperation, die auf Grundlage des Gesetzes, über das wir heute hier beraten, mit Sitz in Frankfurt am Main gebildet werden soll. Was sich FITKO da vorgenommen hat, ist dringend notwendig, aber zugleich – sagen wir mal – ziemlich ehrgeizig.Denn im Augenblick geht es im europäischen Vergleich einzig und allein darum, den Anschluss an digitale Vorreiter wie Estland nicht komplett zu verlieren.

Unter den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegt Deutschland laut dem „Digital Economy and Society Index“ der Europäischen Kommission, kurz: DESI, bei der Nutzung digitaler öffentlicher Dienstleistungen derzeit weit abgeschlagen auf Platz 21. Es müssen also gewaltige Anstrengungen unternommen werden, damit Deutschlands Verwaltung nicht bald das digitale Schlusslicht in Europa wird. Das ist die Ausgangslage, und sie ist höchst alarmierend. Noch einmal: Die Ziele sind ehrgeizig. Bis 2022 sollen 575 Verwaltungsdienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digital verfügbar sein. Das ist das Versprechen des Onlinezugangsgesetzes aus dem Jahre 2017, dessen Umsetzung FITKO koordinieren soll. Doch schon jetzt ist klar, dass es sehr schwierig wird, den Zeitplan einzuhalten. Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und NRW beteiligen sich nur unzureichend am Portalverbund.

Hinzu kommen Personalprobleme. Von rund 40 Stellen, die dem Bundesinnenministerium für das Vorhaben zusätzlich bewilligt worden sind, ist aktuell offenbar nur eine einzige besetzt, wie das „Handelsblatt“ kürzlich berichtete. Anstatt geeignetes Personal zu akquirieren, arbeitet das Innenministerium – und das überrascht bei dieser abgewirtschafteten Bundesregierung nicht wirklich – vor allem mit externen Unternehmensberatern von McKinsey und Co. zusammen.

Schon jetzt gibt es rund ein Dutzend Gremien und Agenturen im Bereich der Digitalisierung. Wenn FITKO wirklich Erfolg haben soll, dann müssen Bund, Länder und Kommunen mit einer deutlich größeren Entschlossenheit an der Vernetzung der Verwaltung mitwirken, als das bislang der Fall war.

Zudem hätte das vorliegende Gesetz aus Sicht der Linken in einigen Punkten nachgebessert werden müssen – wir haben dazu bereits in der ersten Lesung konkrete Anmerkungen gemacht. So brauchen wir etwa Regelungen, die eine wirksame parlamentarische Kontrolle sicherstellen. Vor allem aber muss der Bund seine Hausaufgaben machen und ausreichend qualifiziertes Personal bereitstellen, anstatt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln wieder einmal nur die Beraterwirtschaft zu subventionieren.

Aus den genannten Gründen können wir dem Gesetzentwurf der Bundesregierung leider nicht zustimmen.