CDU riskiert tausende Arbeitsplätze / Rettung von Qimonda ist wichtiger als „machttaktische Spielchen
Bezug nehmend auf eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa, wonach der Chiphersteller Qimonda zum Überleben kurzfristig weitere 300 Millionen Euro benötige, und mit Blick auf die fast zeitgleich erfolgte Rücknahme des für heute angekündigten CDU/SPD-Berichtsantrages zum Stand der Verhandlungen zur Rettung von Qimonda, erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag Dr. André Hahn:
Jetzt rächt sich die wochenlange Hinhalte-Taktik von Staatskanzlei und CDU-Landtagsfraktion. Anstatt schon Ende letzten Jahres klare Zeichen zu setzen, dass der Freistaat Sachsen den Erhalt von Qimonda
und damit letztlich auch des Mikroelektronik-Standortes in Dresden mit Landesmitteln und Bürgschaften unterstützen wird, ist vor allem die CDU-Fraktion dem um eine tragfähige Lösung bemühten Wirt-
schaftsminister Jurk (SPD) in völlig unverantwortlicher Weise in den Rücken gefallen und hat die notwendigen Entscheidungen des Parlaments blockiert. Die CDU ist offenkundig sowohl gegen staatliche
Beteiligungen an Qimonda als auch generell gegen die Verabschiedung eines Nachtragshaushalts. Ministerpräsident Tillich hat zu alledem geschwiegen und das Vorgehen seiner Fraktion damit sanktioniert.
Die Folgen dieser Verweigerungshaltung sind verheerend: Ohne (vorheriges) staatliches Engagement bekommt das angeschlagene Unternehmen Qimonda bei den Banken keine Kredite mehr, die zur Überbrückung bis zur Einführung der neuen und absehbar rentierlichen Produktlinie zwingend erforderlich sind. Wenn die CDU im Wissen um diese Situation staatliche Hilfen erst gewähren will, wenn Qimonda zuvor verbindliche Kreditzusagen nachweist – was objektiv so gut wie unmöglich ist –, dann wird damit der Untergang des Unternehmens offenbar bewusst in Kauf genommen.
Wegen einer angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ohnehin überholten Ideologie (bei der CDU heißt das: keine staatliche Beteiligung an Unternehmen), riskiert die sächsische Union den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. Wer so agiert, hat in Regierungsverantwortung nichts verloren.
Insofern war es dann kaum noch verwunderlich, dass die Koalition den heute auf der Tagesordnung der Landtagssitzung stehenden Berichtsantrag zum Stand der Verhandlungen zur Rettung von Qimonda plötzlich wieder abgesetzt hat. CDU und SPD sind (nicht nur) bei diesem Thema offenbar heillos zerstritten und konnten sich nicht mal bei einem Berichtsantrag auf eine gemeinsame Linie einigen. Leidtragende dieser koalitionsinternen Auseinandersetzungen sind vor allem die Beschäftigen bei Qimonda und bei den anderen, möglicherweise bedrohten Unternehmen.
Für die Linksfraktion steht fest: Das mit Investitionen in Milliardenhöhe mühsam etablierte Technologiecluster in der Chipindustrie Sachsens – nicht nur von der CDU einst als Leuchtturm für den Aufbau Ost gefeiert – darf nicht durch eine Pleite von Qimonda gefährdet werden.
Die sächsische CDU unter Ministerpräsident Tillich ist derzeit dabei, dem auch mit Steuergeldern reichlich gefüllten Fass für die Chipindustrie in Dresden den Boden auszuschlagen. Mit einer Pleite von Qimonda würde jene kritische Masse innerhalb des Technologieclusters erreicht, die das gesamte Cluster zum Einsturz bringen kann. Nicht nur die Qimonda-Arbeitsplätze würden verloren gehen, sondern – nach Schätzungen von Experten – 4.500 weitere mittelbar und unmittelbar betroffene Arbeitsplätze bei rund 100 kleineren und mittleren Zulieferunternehmen. Und selbst AMD wäre betroffen, da AMD und Qimonda gemeinsame Projekte zur Forschung und Entwicklung neuartiger Speichertechnologien unterhalten. Synergien würden entfallen, künftige Investitionen von AMD würden in die USA oder nach Asien „abwandern“, und die gesamte EU würde sich technologisch von diesen Ländern abhängig machen. Das muss auch aus wirtschaftsstrategischen Gründen verhindert werden.
Die Linksfraktion fordert die Staatsregierung auf, dem Landtag schnellstmöglich ein zustimmungsfähiges Rettungspaket vorzulegen, dass nach Lage der Dinge auch eine zeitweilige staatliche Beteiligung an Qimonda enthalten sollte. Warum soll das, was bei einem wichtigen Unternehmen wie VW in Niedersachsen erfolgreich ist, nicht auch hier in Sachsen möglich sein, um Qimonda aus der Krise zu führen und zu stabilisieren? Weiteren Zeitverzug können wir uns nicht leisten! Statt – wie geschehen – Milliarden mit verbrieften faulen Krediten in Dublin durch die Landesbank einfach zu verzocken, liegt beim Erhalt der Chipindustrie der volkswirtschaftliche Nutzen für die Beschäftigten, für die Steuereinnahmen, für die Kaufkraft und für den Wissenschafts- und Forschungsstandort Sachsen mittelfristig auf der Hand.