Bundeswehroffizier nahm an Wehrmachtsgedenken teil
Ministerium äußert sich zu geschichtsrevisionistischer Veranstaltung auf Kreta.
Neben Reservisten hat auch ein aktiver Offizier der Bundeswehr 2016 an einer Gedenkfeier bei einem Wehrmachtsdenkmal auf Kreta teilgenommen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Linksfraktionsvize André Hahn hervor. Auf dem Denkmal im Dorf Floria sind Wehrmachtssoldaten zu sehen, die mit Handgranaten angreifen. Die Inschrift lautet: „Gefallen für Großdeutschland am 23.5.1941“. Für die durch kretische Freiheitskämpfer getöteten 14 Gebirgspioniere und 25 Fallschirmjäger wurden bei der Gedenkfeier Kränze niedergelegt. Obwohl Nazideutschland der Aggressor war, sprach Generalmajor a.D. Rainer Jung von einem „heimtückischen Überfall“ auf „Kameraden“ im Zweiten Weltkrieg.
Im Januar hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Silberhorn (CSU), bei einer Fragestunde im Bundestag noch behauptet, dass der Bundeswehr keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass sich seit 2005 – damals wurde das Denkmal letztmalig mit Genehmigung der Bundeswehr durch Reservisten gepflegt – auch aktive Soldaten bei Instandhaltung, Pflege und Gedenken beteiligten.
Nun musste Silberhorns CDU-Kollege im Ministerium, Peter Tauber, einräumen, dass eine anwesende Person zum Zeitpunkt der Kranzniederlegung, die vom Bund Deutscher Pioniere organisiert wird, Kommandeur der Luftlandebrigade 1 war. Er habe „auf Einladung von Generalmajor a.D. Jung als Privatperson in Zivilkleidung teilgenommen“, heißt es in der Antwort des Verteidigungsministeriums auf die Anfrage der Linksfraktion. Weder unterstütze die Bundesregierung die Gedenkveranstaltungen in Floria, noch befürworte die Bundeswehr die Teilnahme von Angehörigen der Truppe.
„Warum die Bundesregierung die Anwesenheit des Offiziers zunächst leugnete, ist für mich ebenso wenig nachvollziehbar wie ihr durchsichtiger Versuch, die Teilnahme des Brigadegenerals an dem Wehrmachtsgedenken mit dem Hinweis auf seine Zivilkleidung zu relativieren“, kritisierte Hahn. Er erwarte eine deutlichere Distanzierung von der Wehrmacht und ihren Verbrechen.
Wehrmacht und SS verübten Massaker an der griechischen Zivilbevölkerung. Jüdische Einwohner wurden in Todeslager deportiert. Die Tötung der Gebirgspioniere und Fallschirmjäger wurde 1941 zum Anlass genommen, um unter anderem den Ort Kandanos zu zerstören und Zivilisten zu ermorden.
Von Aert van Riel
Quelle: Neues Deutschland Ausgabe vom 09.05.2020, Seite 5