Bundeswehr ist nicht Teil der inländischen Sicherheitsarchitektur

Der Regierungsentwurf für ein BDBOS-Gesetz soll der Bundeswehr ermöglichen, die Anzahl der Teilnehmer am Behördenfunk von derzeit 8.500 Teilnehmern auf bis zu 40.000 zu erhöhen. Das lehnt DIE LINKE ab, denn die Bundeswehr ist kein Teil der Sicherheitsarchitektur innerhalb Deutschlands und soll es auch nicht werden.


 

(Rede zu TOP 20 BDBOS-Gesetz am 21.02.2019 – zu Protokoll)

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Am Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, kurz BOS, nimmt die Bundeswehr bereits jetzt mit 8.500 Teilnehmern teil. Der vorliegende Gesetzesentwurf soll der Bundeswehr ermöglichen, die Anzahl der Teilnehmer am Behördenfunk auf bis zu 40.000 zu erhöhen.

Das lehnen wir als LINKE ab!

Die Bundeswehr ist kein Teil der sogenannten Sicherheitsarchitektur innerhalb Deutschlands. Und deshalb sollte sie nach unserer Auffassung die Infrastruktur der Sicherheitsbehörden nicht in noch größerem Umfang nutzen als sie es ohnehin schon tut. In Fragen der Sicherheit und der Verteidigung besteht zurecht eine klare Aufgabenteilung. Die Bundeswehr darf im Inland keine Sicherheitsaufgaben übernehmen. Sie darf im Inland nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und nur in einem klar eingegrenzten Umfang tätig werden, die im Grundgesetz umschrieben sind.

Das hat historische und gut nachvollziehbare Gründe. Nicht nur in der NS-Zeit, auch schon vorher im Königreich Preußen bildete das Militär einen Staat im Staate mit starkem Einfluss auf die Innenpolitik und mit Druck auf die zivilen Behörden.

Genau das sollte sich nach dem Willen der Väter und Mütter des Grundgesetzes nicht wiederholen. Und deshalb wollen wir auch nicht, dass diese Grenze zwischen Innen und Verteidigung mit einer Politik der kleinen Schritte immer weiter verwischt wird.

Meine Damen und Herren, die Bundeswehr nutzt den Digitalfunk der BOS bereits im Rahmen der militärisch-zivilen Zusammenarbeit.

Hier sind die Luftfahrzeuge und Leitstellen der Such- und Rettungsdienste zu nennen oder die Bundeswehr-Feuerwehren. Aber auch die Feldjäger im Personenschutz und Eskortendienst wurden bereits mit BOS-Funkgeräten ausgestattet.

Mit der jetzt geplanten Gesetzesänderung kann die Bundeswehr den BOS-Digitalfunk auch mit anderen Verbänden, ja praktisch als Betriebsfunk nutzen. Damit wäre dann gar nicht mehr erkennbar, ob es sich bei der Bundesanstalt für den Digitalfunk der BOS überhaupt noch um eine zivile Behörde handelt. Ich halte das auch aus verfassungsrechtlichen Gründen für problematisch.

In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es, die Bundeswehr würde auf diese Weise Investitionskosten für den Aufbau einer eigenen Funkinfrastruktur einsparen. Es fehlt aber eine Kostenrechnung, die diese Ersparnis in irgendeiner Form darlegt.

Aber selbst wenn es denn zutreffen würde, halte ich das Kostenargument für wenig überzeugend, wenn es um die grundsätzliche Frage geht, wie weit wir die Bundeswehr in die inländische Sicherheitsstruktur einbinden wollen.

Solche sogenannten Synergieeffekte und Kostenersparnisse ließen sich sicher auch in vielen anderen Bereichen erzielen. Die Frage ist doch aber: Wollen wir das? Soll die Bundeswehr, wenn es denn politisch schwer durchsetzbar ist, nunmehr über die fiskalische Hintertür Einlass ins Inland bekommen?

Wir LINKE wollen das nicht! Und deshalb werden wir den vorliegenden Gesetzesentwurf ablehnen.

Meine Damen und Herren, noch eine kurze Anmerkung zum Antrag der FDP.

Die FDP will den privaten Netzbetreibern bestehende Standorte des BOS-Digitalfunks zur Verfügung zu stellen, um eine größere Netzabdeckung zu erreichen.

Mit dem Zugang zu Sendemasten wird sich das Problem der existierenden Netzlücken aber kaum lösen lassen. Diese müssen ja auch mit Leitungen an das Netz der Mobilfunkbetreiber angeschlossen werden. Darin sehe ich den eigentlichen Kostenfaktor.

Soweit Sie öffentliche Liegenschaften privaten Netzbetreibern zur Nutzung anbieten wollen, stellt sich die Frage, ob der Bund überhaupt der richtige Adressat für eine solche Forderung ist – er verfügt über nur relativ wenige Liegenschaften in strukturschwachen Gegenden mit schwacher Netzabdeckung. Interessant wäre das vor allem für die Kommunen, aber bei denen geschieht das ja zum Teil schon.

Dann wollen Sie eine georeferenzierte Übersicht von Standortkoordinaten „unter Berücksichtigung etwaiger Sicherheitsrisiken“ erstellt haben.

Aber die angesprochenen „Sicherheitsrisiken“ sprechen genau gegen eine solche Übersicht über Standortkoordinaten. Der Kreis der Mitwissenden über diese Infrastruktur und der Zugang zur eigentlichen, physischen Infrastruktur sollte so klein wie möglich gehalten werden.

Schließlich wollen Sie auf eine Versteigerung der auslaufenden Funkfrequenzlizenzen verzichten. Stattdessen sollen die derzeit laufenden Lizenzen verlängert und mit Auflagen zur Netzabdeckung versehen werden.

Ich kann ihrem Argument, dass den Mobilfunkbetreibern wegen der Ersteigerung der teuren Funkfrequenzen jetzt das Geld fehle, um in den Ausbau der Netzinfrastruktur zu investieren, wirklich nicht folgen.

Nicht das fehlende Geld, sondern die aus ihrer Sicht unzureichende Rendite ist der Grund, warum die privaten Anbieter in Gegenden mit geringer Wohndichte so wenig investieren.

Der freie Markt ist strukturell einfach nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen. Hier müssen klare staatliche Vorgaben her, die die privaten Anbieter deutlich mehr in die Pflicht nehmen.

Herzlichen Dank.