André Hahn im Bundestag zu Positionen der LINKEN zur besseren Kontrolle der Geheimdienste
Eines möchte ich gleich zu Beginn klarstellen: An unserer programmatischen Zielsetzung zur Überwindung bzw. zur mittelfristigen Abschaffung der Geheimdienste halten wir als Linke nach wie vor fest.
Solange wir die Geheimdienste nicht auflösen können – Mehrheiten dafür sind leider nicht in Sicht –, muss alles getan werden, um wenigstens die derzeit völlig unzureichenden parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten zu verbessern.
Im Gesetzentwurf sowie im Antrag schlägt die Linke daher knapp 20 konkrete Änderungen vor.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines möchte ich gleich zu Beginn klarstellen: An unserer programmatischen Zielsetzung zur Überwindung bzw. zur mittelfristigen Abschaffung der Geheimdienste halten wir als Linke nach wie vor fest.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein wichtiger Schritt dahin ist der komplette Verzicht auf den Einsatz von V-Leuten, wie wir es in unserem Antrag fordern und wie es Thüringen bereits heute praktiziert.
Solange wir die Geheimdienste nicht auflösen können – Mehrheiten dafür sind leider nicht in Sicht –, muss alles getan werden, um wenigstens die derzeit völlig unzureichenden parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten zu verbessern.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth (Augsburg) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im Gesetzentwurf sowie im Antrag schlägt die Linke daher knapp 20 konkrete Änderungen vor. Aus Zeitgründen kann ich nur einige ausgewählte Punkte nennen. So gibt es gegenwärtig für das Parlamentarische Kontrollgremium keinerlei Stellvertreterregelung.
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Doch! Ich bin Stellvertreter!)
Das Kontrollgremium besteht aus neun Mitgliedern. Die beiden kleinen Fraktionen haben jeweils ein Mitglied im PKGr. Im Falle einer Erkrankung oder eines anderweitigen Ausfalls sind insbesondere diese Fraktionen womöglich über einen langen Zeitraum überhaupt nicht im Kontrollgremium vertreten. Dies soll mit der vorgeschlagenen Neuregelung verändert werden.
Nach der bisherigen Rechtslage können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nachrichtendienste bei Problemen, Missständen oder der Feststellung von Rechtsverstößen zwar an das PKGr oder eines seiner Mitglieder wenden; sie sind jedoch zugleich verpflichtet, die Leitung des jeweiligen Dienstes darüber zu unterrichten. Das hat in der Praxis dazu geführt, dass es kaum derartige Informationen an das Kontrollgremium gab, weil Mitarbeiter der Dienste berufliche Nachteile befürchten mussten. Deshalb soll dieser Passus nunmehr gestrichen werden.
Die Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste sollen nach unserem Vorschlag nicht länger im geheim tagenden Vertrauensgremium, sondern im regulären Haushaltsausschuss beraten werden. Wir wollen hier vollständige Transparenz.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth (Augsburg) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nach unserem Gesetzentwurf soll es künftig nach Zustimmung eines Drittels der Mitglieder des PKGr möglich sein, dass zu bestimmten brisanten Vorgängen entgegen der grundsätzlichen Pflicht zur Geheimhaltung eine öffentliche Bewertung abgegeben werden kann. Bislang ist dafür eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Durch die vorgeschlagene Neuregelung werden die Minderheitenrechte gestärkt.
Zudem wollen wir eine Rechtsgrundlage dafür schaffen, dass die Mitglieder des Kontrollgremiums ihre Fraktionsvorsitzenden über wichtige Vorgänge informieren können. Denn sie sind nicht als Privatpersonen in den Gremien, sondern als Vertreter ihrer Fraktionen.
(Beifall bei der LINKEN)
Weiterhin soll im Gesetz festgeschrieben werden, dass von den Sitzungen des Kontrollgremiums ein kompletter Tonbandmitschnitt anzufertigen ist, um später bei Bedarf prüfen zu können, ob Aussagen der Bundesregierung oder der Vertreter der Nachrichtendienste wahrheitsgemäß und vollständig erfolgt sind. So waren zum Beispiel die brisanten BND-Selektoren der Bundesregierung seit 2013 bekannt. Eine Unterrichtung des Kontrollgremiums erfolgte erst im September 2015, und auch das nur unter dem Druck absehbarer Medienveröffentlichungen.
Und schließlich: Nach der geltenden Rechtslage kann das Bundesverfassungsgericht bei Streitigkeiten mit der Bundesregierung nur dann eingeschaltet werden, wenn dies von einer Zweidrittelmehrheit des Kontrollgremiums beschlossen wird. Das bedeutet im Klartext, dass eine Anrufung des höchsten deutschen Gerichts nur dann möglich ist, wenn die jeweilige Koalition die eigene Regierung verklagt. Das ist nicht nur theoretisch abwegig, sondern in der Praxis auch noch nie vorgekommen. Deshalb sollte es künftig einer Fraktion ermöglicht werden, eine Klage einzureichen, sofern sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Abschließend noch ein letztes Wort zu den jüngsten Vorwürfen gegen den BND. Wenn es denn stimmen sollte, dass reihenweise befreundete Regierungen, deren Botschaften oder sogar deutsche Diplomaten ausgespäht wurden, dann gibt es dafür keinerlei Rechtfertigung, nicht juristisch und schon gar nicht politisch.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Umso wichtiger ist eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Dem dienen unser Gesetzentwurf und unser Antrag. Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Anschließend in der Debatte folgte eine Kurzintervention:
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Kollege Binninger, da Sie mich mehrfach direkt angesprochen haben, möchte ich auf drei Punkte kurz reagieren.
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie haben vor mir geredet!)
Sie haben sinngemäß gesagt: Wer für die Abschaffung der Geheimdienste sei, der hätte nicht das Recht, Verbesserungs- und Veränderungsvorschläge zu machen. Ich halte das für ein sehr fragwürdiges Demokratieverständnis – um das klar zu sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir haben eine politische Programmatik, und wir arbeiten hier im Parlament konstruktiv mit. Sie haben zu Recht gesagt, es gibt dafür keine Mehrheiten. Dann behalten wir uns aber auch das Recht vor, konkrete Vorschläge zu machen, was an der jetzigen Situation verbessert werden kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweiter Punkt. Sie haben gesagt, Sie hätten sich gewünscht, dass ich einräume, dass sich bei der parlamentarischen Kontrolle das eine oder andere verbessert hat. Ich habe gestern eine Pressekonferenz gegeben, in der ich unsere Entwürfe vorgestellt habe. Ich habe zehn Minuten damit verbracht, zu sagen, was sich positiv entwickelt hat.
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Aber hier nicht einen Satz!)
– Herr Kollege Binninger, ich habe die Punkte dort benannt. Ich habe hier, anders als Sie, nur vier Minuten Redezeit. Da muss ich mich leider darauf beschränken, unsere Vorschläge vorzustellen.
(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn Sie uns loben, kriegen Sie von uns Redezeit!)
Dritter Punkt. Herr Kollege Binninger, Sie haben gesagt, man kann die Nachrichtendienste nicht einfach sturmreif schießen, weil man die Auflösung in seinem Parteiprogramm vorgesehen hat. Hier muss ich ganz klar sagen: Die deutschen Nachrichtendienste haben in den letzten Monaten und Jahren durch Pannen und Skandale selbst alles dafür getan, ihre eigene Existenzberechtigung infrage zu stellen. Darüber müssen wir hier reden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)