Zum Votum des Immunitätsausschusses: Justizministerium nahm Einfluss auf Strafverfahren gegen Oppositionspolitiker

Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Dr. André Hahn, erklärt zur Entscheidung der Koalitions-Mehrheit des Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschusses des Sächsischen Landtags, dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Aufhebung seiner Immunität wegen angeblicher „Rädelsführerschaft“ bei der Blockade des Naziaufmarsches am 13. Februar 2010 in Dresden zu folgen:

Aus den Unterlagen zu meinem Verfahren geht eindeutig hervor, dass das Justizministerium auf die Antwort der Staatsanwaltschaft auf die Fragen des Ausschusses direkten Einfluss genommen hat. Wie vom Ministerium gewünscht, wurde dabei u. a. eine Formulierung zu „immunitätsrechtlichen Bedenken“ gestrichen. Damit ist die Behauptung von der angeblich unabhängigen Justiz im Zusammenhang mit der Verfolgung meiner Person wegen der Ereignisse des 13. Februar 2010 in Dresden ad absurdum geführt. Dass das Justizministerium beim Verfahren gegen den Vorsitzenden der größten Oppositionsfraktion ungeniert mitmischt, ist wirklich „sächsische Demokratie“ …

Um so befremdlicher ist es, dass die Fraktionen, die die Regierung tragen, jetzt nicht die Notbremse gezogen und nicht bei ihrer bisherigen Ablehnung der Aufhebung meiner Immunität geblieben sind, sondern den Weg für eine politisch motivierte Strafverfolgung frei machen wollen. Ja, jetzt wollte man nicht einmal mehr wissen, welche immunitätsrechtlichen Bedenken denn bei der Staatsanwaltschaft bestehen, sondern zog die Abstimmung einfach durch. Damit wird offenbar die politische Vorgabe des CDU-Fraktionsvorsitzenden Flath erfüllt, der ohne jede Kenntnis der Vorgänge und der Debatten im Ausschuss bereits vor einigen Wochen im Zeitungsinterview die heutige Entscheidung angekündigt hat.

Das Landtagsplenum hat es in der Hand, auf seiner Oktober-Sitzung das Votum des Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschusses zu korrigieren. Unabhängig davon sehe ich einem möglichen Gerichtsverfahren mit allergrößter Gelassenheit entgegen. Es ist offenkundig, dass die Tausende Menschen, die am 13. Februar des Vorjahres auf der Hansastraße standen und saßen, freiwillig gegen Nazis protestiert haben und nicht von mir dorthin beordert wurden, wie die Staatsanwaltschaft behauptet. Es ist ebenso eindeutig, dass ich als einziger Mensch aus Sachsen für das Nichtzustandekommen des europaweit größten Naziaufmarsches nur deshalb angeklagt werden soll, weil ich Fraktionsvorsitzender bin. Das aber ist eine politische Missbrauchsverfolgung. Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies auch ein unabhängiges Gericht so sehen wird.