Schieflage bei Bewertung politischer Kriminalität im Verfassungsschutzbericht – Nazigegner sind „extremistisch“

Zum heute vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2010 für Sachsen erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn:

Gewalt darf – in welcher Form auch immer – kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Darin sind wir uns mit Innenminister, Verfassungsschutz und allen demokratischen Parteien in Sachsen einig.

Solange aber zerstörte Plakate beispielsweise der LINKEN oder der FDP als Sachbeschädigung gelten und jedes beschädigte NPD-Plakat als linksextremistische Straftat, entstehen keine objektiven Berichte über Bedrohungen durch politisch motivierte Kriminalität. Auch die Antworten der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage meiner Fraktionskollegin Kerstin Köditz haben zu den Kriterien für die Kategorien bei der Erfassung keine Klarheit erbracht, da die Links zu unterschiedlichen Interpretationen von Polizei / Innenministerium, Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt führen. Und „Autonome“ heißen so, weil sie autonom sind, also sich weder dem linken noch dem rechten Spektrum zuordnen lassen (wollen).

Besonders blamabel aber ist die „Logik“, dass wachsender – und nicht zuletzt in Dresden wie schon früher in Leipzig erfolgreicher – Bürgerprotest gegen Naziaufmärsche automatisch zu einem Anstieg sogenannter linksextremistischer Delikte führe. Da werden dann – ohnehin absurde – Ermittlungsverfahren gegen Menschen, die sich friedlich den Verherrlichern von Völkermord in den Weg gestellt haben, mit den Straftaten von Leuten auf eine Stufe gestellt, die Menschenwürde und Grundrechte mit Füßen treten. Das hat nichts mit dem Schutz unserer Verfassung zu tun, sondern stellt die nicht zuletzt in der Wunsiedel-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum möglichen Verbot von Naziaufmärschen bekräftigte Wertordnung des Grundgesetzes auf den Kopf.

Wir erhoffen, dass das Symposium des Innenministers am 20. Mai zu qualifizierteren Ergebnissen führt als dieser Verfassungsschutzbericht.