Rede auf Kleinem Parteitag der LINKEN in Sachsen am 15. September 2012

Liebe Katja, lieber Bernd,

liebe Genossinnen und Genossen,

der letzte Kleine Parteitag der LINKEN in Sachsen fand unmittelbar nach dem Bundesparteitag in Göttingen statt, und wir alle standen noch unter dem Eindruck der dort geführten heftigen Auseinandersetzungen und natürlich auch der personellen Entscheidungen hinsichtlich der neuen Parteiführung. Unsere innerparteiliche Streitkultur war ganz offensichtlich auf einem Tiefpunkt angelangt, die weitere Entwicklung der LINKEN war ziemlich ungewiss, und der Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag schien alles andere als gesichert.

Ich habe mich zu den Kontroversen auf dem Parteitag hier bereits klar positioniert, und will das heute nicht wiederholen.

Seit Juni hat sich in der Partei durchaus einiges zum Positiven entwickelt und wir können wieder etwas optimistischer nach vorn schauen. Das hat nicht nur, aber ganz sicher doch auch mit der neuen Parteispitze zu tun, die in Göttingen gewählt worden ist.

Deshalb freue ich mich darüber, dass beide Parteivorsitzende heute gemeinsam hier in Dresden sind und nachher ja auch noch in Chemnitz mit den dortigen Mitgliedern diskutieren werden.

Ich will ich mich in meinem Beitrag auf drei Punkte beschränken möchte:

Zum einen will ich danke sagen, zweitens eine Bitte äußern und drittens eine vorsichtige Warnung aussprechen.

Lasst mich also mit dem Dank beginnen.

Dankbarkeit, so heißt es ja häufig, sei keine politische Kategorie, und ich weiß selbst aus meiner jahrelangen Tätigkeit in Führungspositionen der Fraktion, dass Kritik – ob berechtigt oder unberechtigt – in der Regel ganz schnell und meist auch unverblümt geäußert wird, mit Lob dagegen geht man eher sparsam um.

Deshalb will ich das heute ganz bewusst mal an den Anfang stellen.

Es ist ja kein Geheimnis, dass nicht alle Personalentscheidungen von Göttingen mit meinen persönlichen Präferenzen übereinstimmten, aber das geht letztlich ja wohl den allermeisten Delegierten so. Nachdem aber die Wahl erfolgt war, habe ich auch hier in dieser Runde vehement dafür geworben, den neuen Parteivorstand und insbesondere auch die neuen Parteivorsitzenden vorbehaltlos zu unterstützen. Jetzt haben Katja und Bernd ihre ersten 100 Tage im Amt absolviert, und ich finde, sie haben ihre Arbeit alles in allem gut gemacht.

Ich habe es schon direkt auf dem Parteitag in Göttingen als sehr wohltuend empfunden, dass Bernd Riexinger sich klar von Jubel-Gesängen nach der Nicht-Wahl von Dietmar Bartsch distanziert hat und mir auch zusagte, bald nach Sachsen zu kommen, um sich der Diskussion im größten Landesverband der Partei zu stellen. Auch die Art und Weise, in der Katja und Bernd sehr schnell das Gespräch mit den ostdeutschen Landes- und Fraktionsvorsitzenden gesucht haben, hat mich beeindruckt. Von einer echten Kultur des Zuhörens innerhalb der Führungsgremien der Partei – und ich habe an Dutzenden derartiger Beratungen teilgenommen – konnte in den letzten Jahren eher selten gesprochen werden.

Hier hat sich also wirklich einiges geändert, und auch die öffentlichen Verlautbarungen der beiden Vorsitzenden haben in den zurückliegenden Monaten zumeist positive Zeichen gesetzt und öffentliche Diskussionen angestoßen. Und genau dafür möchte ich an dieser Stelle einfach mal Danke sagen. Natürlich verbunden mit der Hoffnung, dass dies nicht nur in den ersten 100 Tagen so war, sondern auch künftig sein wird.

Nun zu meiner Bitte: In den letzten Tagen gab es innerhalb unserer Partei wieder verstärkt Ost-West-Debatten, vordergründig ausgetragen über die Höhe von Mitgliedsbeiträgen oder auch die Zahl von Karteileichen in den Mitgliederlisten. Ich will nicht missverstanden werden: Solche Dinge müssen natürlich sauber geklärt werden, aber möglichst intern, denn wenn das Ganze verbunden ist mit der Diskussion um Parteitagsmandate, dann kann durchaus auch der Eindruck entstehen, dass dadurch vor allem die Beschlüsse der Göttinger Parteitags und damit auch die dort getroffenen Personalentscheidungen in Frage gestellt werden sollen. Ich halte das für kontraproduktiv, zumal die Zusammensetzung des Parteitags im Nachhinein nicht mehr zu verändern sein wird und ab 2014 die Übergangsbestimmungen im Zuge der Fusion mit der WASG, die den Westen tendenziell bevorteilt haben, ohnehin auslaufen.

Ich unterstütze den Brief der ostdeutschen Partei- und Fraktionsvorsitzenden dahingehend, dass gerade die hier bei uns gemachten Erfahrungen nicht vernachlässigt oder gar ausgeblendet werden dürfen. Der Osten ist und bleibt unser parteipolitisches Rückrat. Hier hat die Partei ganz wichtige Wurzeln und ein Wählerpotenzial von 25 Prozent und mehr. Das müssen auch unsere Genossinnen und Genossen in den alten Bundesländern zur Kenntnis nehmen und akzeptieren.

Fakt ist aber auch: Erfolg werden wir letztlich nur gemeinsam haben.

Gerade in der LINKEN sind Ost und West aufeinander angewiesen. Die alte PDS hat bekanntlich im Westen so gut wie keinen Fuß auf die Erde bekommen. Auch das dürfen wir nicht vergessen. Auf Dauer haben wir nur als gesamtdeutsche Partei eine Chance, und deshalb bitte ich herzlich darum, dass wir uns in den kommenden Monaten vor allem mit unseren politischen Kontrahenten auseinandersetzen und die internen Kämpfe einstellen.

Auch im nächsten Deutschen Bundestag braucht es eine starke LINKE, und wir dürfen unsere Chancen nicht selbst schmälern.

Zum Abschluss will ich wie angekündigt auch noch eine vorsichtige Warnung aussprechen.

Ich halte es für völlig richtig, dass wir Kriterien formulieren, unter denen wir bereit sind, sogar auf Bundesebene Regierungsverantwortung zu übernehmen. Dies bietet uns auch die Chance, zentrale politische Positionen der LINKEN medial zu transportieren.

Richtig ist auch, dass CDU und FDP unsere Hauptgegner sind und eben nicht die SPD. Dies habe ich gerade in der Landtagsfraktion immer wieder betont, und deshalb haben wir gemeinsam mit den Sozialdemokraten und zum Teil auch den Grünen Dutzende Anträge sowie Gesetzentwürfe eingebracht und sogar gemeinsam abgestimmte Presseerklärungen herausgegeben.

Was die Bundesebene angeht, bin ich da deutlich skeptischer. Aus meiner Sicht bereitet sich die SPD ganz offenkundig auf eine Neuauflage der Großen Koalition mit der CDU vor. Deshalb werden selbst heftige Avancen unsererseits letztlich wohl ins Leere laufen.

Trotzdem kann es sinnvoll sein, Kernpunkte zu benennen, von denen wir eine Beteiligung an einer Bundesregierung abhängig machen. Wir dürfen es aber auch nicht übertreiben. Zeitungsschlagzeilen wie „LINKE dient sich der SPD an“ treffen bei unseren Wählerinnen und Wählern nicht nur auf Zustimmung, sondern stoßen eher ab. Im kommenden Wahlkampf müssen wir vor allem unser eigenes Profil schärfen und dürfen nicht den Sozialdemokraten hinterherlaufen!

Wir haben überzeugende politische Alternativen zu bieten und sollten das im Vorfeld der Bundestagswahlen offensiv in den Mittelpunkt stellen.

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