Neue Mauern überwinden!

Zum 20. Jahrestag der Maueröffnung erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn:

Die Überwindung der Mauern des Kalten Krieges hat uns Reise- und Pressefreiheit gebracht, die Demonstrationsfreiheit hatten wir uns schon vor dem Fall der Mauer genommen: in Leipzig, Plauen, Berlin und anderswo. Dass diese Freiheiten heute nicht vom Wohlwollen oder von Versehen einzelner führender Funktionäre abhängig, sondern von Grundgesetz und Landesverfassung garantiert und von einer unabhängigen Gerichtsbarkeit geschützt sind, ist ein unbestreitbarer historischer Fortschritt, von dem gerade auch die Menschen in Sachsen profitiert haben.

Zwanzig Jahre nach der Maueröffnung gibt es aber neue Mauern: Die Mauern zwischen Arm und Reich in einer Gesellschaft, in der die Zeiten lange vorbei sind, dass alle Gesellschaftsschichten unter einem Dach wohnen. Die Mauern zwischen denen, die ordentlich bezahlte Arbeit haben, und denen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen sind oder über keine Erwerbsarbeit verfügen. Die Mauern zwischen denen, die sich frei bewegen können, und denen, die an den Grenzen der „Festung Europa“ abgewehrt werden.

Deshalb ist der heutige Tag nicht nur ein Tag der Erinnerung, sondern der Mahnung, keine neue Mauern zu dulden. Und auch nicht die Umtriebe derer, deren Menschenverachtung den Geist der Ausgrenzung, Diskriminierung und Diffamierung verbreitet: Dass kurz vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht, dessen wir heute ebenfalls gedenken, die Dresdner Synagoge geschändet wurde, ist ein erschreckendes Alarmsignal. Die Überwindung des braunen Ungeistes in Sachsen ist noch lange nicht Geschichte, sondern bleibende Herausforderung für Staat und Zivilgesellschaft.