Geschichtsvergessenheit nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch beim BND

Geschichtsvergessenheit nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch beim BND

„Die geplante Veranstaltung des BND ist gerade mit Blick auf die aktuelle Debatte über rechtsextremistische Umtriebe, Nazi-Devotionalien in Kasernen und höchst fragwürdigen Korpsgeist in der Bundeswehr an Instinktlosigkeit nicht mehr zu überbieten“, erklärt André Hahn, für die Fraktion DIE LINKE stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, anlässlich des Festakts mit der Überschrift „70 Jahre Nachrichtendienst in Pullach“ am 31. Mai 2017, zu dem der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl in diesen Tagen Einladungen verschickt. Hahn weiter:

„Während Verteidigungsministerin von der Leyen inzwischen zumindest Anzeichen von Problembewusstsein erkennen lässt, hat der BND-Präsident offenbar überhaupt kein Problem damit, zu einer Festveranstaltung zu laden, bei der unter dem Titel ‚70 Jahre Nachrichtendienst in Pullach’ ohne jede Distanzierung von der Organisation Gehlen zwangsläufig auch ehemalige hochrangige Nazis und NSDAP-Mitglieder hofiert werden. An zentralen Stellen dieser Organisation saßen in den 40er und 50er Jahren schließlich bis zu 400 ehemalige Mitglieder der SS, der Gestapo und Offiziere der Wehrmacht. Angesichts dessen ist eine derartige Veranstaltung des BND unerträglich und sollte sofort abgesagt werden.

Die Organisation Gehlen war Vorläufer des späteren BND und hatte seit 1947 ihren Sitz in der ehemaligen Reichssiedlung Rudolf Heß in Pullach bei München. Und genau dieses zweifelhafte Jubiläum an diesem umstrittenen Ort will der BND nun feiern. Dass sich der bayerische Ministerpräsident Seehofer bereit erklärt hat, die Festrede zu halten, ist mehr als bezeichnend. Offenbar ist der CSU fast jedes Mittel recht, um mit Blick auf die Bundestagswahl und die Landtagswahlen im kommenden Jahr auch weit rechtsaußen möglichst viele Stimmen zu gewinnen. Auch der BND versucht nicht mal den Anschein einer differenzierten Bewertung zu wahren, denn sonst hätte man zumindest einen Vertreter der Unabhängigen Historikerkommission zu Wort kommen lassen müssen, die der Dienst selbst eingesetzt hatte und die gerade zur Organisation Gehlen und deren Folgewirkungen auf den BND hoch interessante Details herausgefunden hatte. Aber damit wollte man s  ich den möglichst harmonischen Festakt wohl nicht trüben lassen.

Vielleicht soll das Ganze auch nur dazu dienen, gegenüber der Öffentlichkeit irgendwie zu rechtfertigen, dass die Bundesregierung trotz des BND-Neubaus in Berlin weiter beabsichtigt, in den kommenden Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in die Sanierung der Objekte in Pullach zu investieren, anstatt den Standort endlich zu schließen.

Ich weiß nicht, was den BND-Präsidenten geritten hat, einer solchen Veranstaltung zuzustimmen, aber wenn sie tatsächlich stattfinden sollte, dann ist völlig klar: Geschichtsvergessenheit gibt es nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch beim Bundesnachrichtendienst.“