Besseren Datenschutz beim Zensus 2021 sicherstellen

Beim nächsten Zensus sollen zahlreiche private Informationen abgefragt werden, die für die staatliche Aufgabenwahrnehmung nicht erforderlich sind. Die Grundsätze der Datensparsamkeit und Datenvermeidung werden nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Der Fragenkatalog muss daher dringend überarbeitet werden.


Zu Protokoll gegebene Rede

Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/104 vom 6.6.2019

Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Zensus im Jahr 2021 (Zensusgesetz 2021 – ZensG 2021) (Tagesordnungspunkt 16)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Auch wir als Linke sind der Ansicht, dass elementare Bevölkerungsdaten als Entscheidungsgrundlage für Politik und Verwaltung unabdingbar sind. Gute Regierungsführung braucht verlässliche Daten. Allerdings ist umgekehrt eine gute Datengrundlage allein keinesfalls eine Garantie für eine zukunftsweisende Politik. Es kommt letztlich immer darauf an, welche Schlussfolgerungen aus der Zahlenbasis gezogen werden.

Und wenn ich mir die Politik der Bundesregierung seit dem letzten Zensus von 2011 anschaue, wenn ich zum Beispiel sehe, wie eine verfehlte Wohnungsbaupolitik dazu führt, dass sich Normalverdienende in vielen Innenstädten keine Wohnung mehr leisten können, oder wenn ich beobachte, wie Schulen und öffentliche Gebäude verfallen, weil nicht ausreichend in Bildung und entsprechende Infrastruktur investiert wird, dann habe ich doch erhebliche Zweifel, ob die rund 700 Millionen Euro für den letzten Zensus wirklich sinnvoll angelegt waren.

Hinzu kommt: Wenn schon Daten erhoben werden, dann muss in jedem Fall dem Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenvermeidung in besonderer Weise Rechnung getragen werden. Genau deshalb sollten auch keine Merkmale erfragt werden, die nicht unbedingt erforderlich sind, insbesondere solche nicht, die selbst mit Blick auf europäische Vorgaben gar nicht notwendig sind. Darauf haben auch die Sachverständigen in der Anhörung vom 6. Mai eindeutig hingewiesen. So erschließt sich für uns überhaupt nicht, weshalb etwa nach der Religionszugehörigkeit gefragt wird. Ich kann mir keine sinnvolle Verwendung dieser Daten für die Planung und Durchführung staatlicher Aufgaben vorstellen. Und die Kirchen kennen ihre Mitgliederzahlen.

Auch bei anderen Dingen fragen wir uns, was der Zweck der Erhebung sein könnte. Das betrifft in erster Linie frühere Namen, Vornamen, Geschlecht, Geburtstag und Monat. Das betrifft aber auch Fragen nach dem Datum der Eheschließung und der Scheidung. So hat die Sachverständige Kirsten Bock darauf hingewiesen, dass diese Angaben nicht im Zusammenhang mit staatlicher Aufgabenwahrnehmung stehen. Sie dienen auch weder zur Verifizierung der befragten Person, noch haben sie sonst einen Mehrwert. Diese Merkmale bzw. Hilfsmerkmale sollten daher gestrichen werden.

Zudem wäre es grundrechtsschonender gewesen, den Zensus 2021 komplett auf Grundlage bereits existierender Registereinträge durchzuführen. Der Normenkontrollrat hat das ebenfalls kritisiert. Andere europäische Länder führen ihren Zensus bereits vollständig registerbasiert und damit zu einem Bruchteil der Kosten durch, die hierzulande beim registergestützten Zensus anfallen werden. Dass jetzt wieder Haushaltebefragungen durchgeführt werden müssen, hat viel mit Versäumnissen bei der Digitalisierung der Verwaltung und Modernisierung der Register zu tun. Bund und Länder haben hier nicht die richtigen Schlüsse aus dem letzten Zensus gezogen. Die Rechnung von mehreren Hundert Millionen Euro muss nun der Steuerzahler zahlen.

Fazit der Linken: Der Gesetzentwurf ist unter Datenschutzgesichtspunkten nicht ausgereift. Der Fragenkatalog muss reduziert werden. Und wir müssen uns jetzt schon Gedanken machen, wie wir in Zukunft einen Zensus gestalten, der die Grundrechte der Betroffenen so wenig wie irgend möglich beeinträchtigt.